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Beirat

Statement des Beirats

zu den Krisenverhandlungen

Beirat

Statement des Beirats

zu den Krisenverhandlungen

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16.06.2020

Zurzeit gibt es jeden Tag neue Nachrichten, eine Meldung jagt die nächste. Es ist von Krise, Stellenabbau, von Sozialplan und Interessenausgleich die Rede. Von einem Krisentarifvertrag mit den unterschiedlichsten Forderungen. Von Diskussionen in den sozialen Netzwerken über eben diese Maßnahmen und sogar darüber, wer bei eventuellen Kündigungen zuerst gehen soll oder nicht. Hinzu kommen jeden Tag neue Pressemeldungen vom Ringen um das staatliche Hilfspaket oder einer drohenden Insolvenz, sollte dieses nicht durch die Aktionärs-Hauptversammlung am 25.06.2020 genehmigt werden. Seit Wochen geht das so und viele von Euch sind zu Recht verunsichert. Ihr macht Euch Sorgen, habt Angst um Eure Zukunft und Euren Beruf, der so viel mehr ist als nur ein Job. Täglich bekommen wir in der UFO über alle Gremien hinweg Rückfragen und E-Mails von Euch, auch an den Beirat. Da wir nicht nur die Stimme der Mitglieder in die UFO hinein, sondern auch aus ihr hinaus sind, wenden wir uns heute an Euch.  

Was kann ein Krisentarifvertrag bedeuten? 

Obwohl der Beirat nicht in das Tarifgeschehen eingebunden ist, tauschen wir uns regelmäßig mit unserem Verhandlungsteam aus und adressieren dort auch Eure Rückmeldungen. Unseren Verhandlern, die unser volles Vertrauen genießen, ist der wirtschaftliche Druck auf die Lufthansa sehr wohl bewusst. Die letzten Monate kamen die Lufthansa teuer zu stehen, mit einem reduzierten Flugplan und leeren Flugzeugen wird konzernweit kein Geld verdient und auch die (hoffentlich) kommenden Staatshilfen müssen zurückgezahlt werden. Momentan kann noch niemand seriös sagen, wann wir im Konzern wieder das Vor-Krisen-Niveau erreichen werden.  

Nur mit einem Krisenbeitrag aller Beschäftigtengruppen wird es möglich sein, Lufthansa durch die Krise zu bringen und alle Kolleginnen und Kollegen an Bord zu behalten. Ein „Augen zu und weiter so“ in der Hoffnung, dass „schon alles gutgehen wird“, ist nicht zu erwarten. Lufthansa und UFO werden Maßnahmen beschließen müssen, die für jeden von uns spürbar, aber unumgänglich sein werden, um die vor uns liegende Zeit gemeinsam zu überstehen. Wir als UFO sind uns unserer Verantwortung bewusst, auf der einen Seite die Existenz der Lufthansa (und damit auch unsere eigenen Arbeitsplätze) zu sichern und auf der anderen Seite die Krisenbeiträge der Kabine nur für die Dauer der Krise zu vereinbaren. Unsere Bereitschaft dies zu tun ist jedoch an eine Beschäftigungsgarantie gebunden. 

Unsere Aufgabe ist es aber auch, Euch offen und ehrlich zu sagen, dass wir als Kabine einen Beitrag hierfür leisten müssen. Wie dieser konkret aussieht, werden erst die Ergebnisse der Verhandlungen zeigen.  

Immer wieder regen selbst Kollegen die Schrumpfung des Personalkörpers durch die Entlassung ihrer eigenen Kollegen an. Schaut man derzeit in die sozialen Medien, so sollen mal “die Alten” in Rente gehen, ein anderes Mal sollen nur “die Jungen“ gehen. Die UFO versucht genau das zu verhindern, da der Gedanke zu kurz gedacht wäre. Diese Kollegen gingen den Verbleibenden nur voran - denn die Bedrohung, dass man die Kosten immer noch niedriger halten könnten, die bliebe und bleibt für immer bestehen. Gemeinsam müssen wir dafür kämpfen, dass Lufthansa die aktuelle Situation nicht ausnutzt und die getroffenen Maßnahmen nicht zu dauerhaft schlechteren Arbeitsbedingungen führen. Nur so können wir ebenfalls verhindern, dass Lufthansa versucht, innerhalb der Group die Arbeitsbedingungen in den einzelnen Airlines in einen negativen Unterbietungswettbewerb zu führen. 

Stellenabbau, Sozialplan, Interessenausgleich – was bedeutet das eigentlich? 

Der Konzernvorstand kommuniziert aktuell, dass die Belegschaft die Aktionäre davon überzeugen müsse, den staatlichen Hilfen zuzustimmen, indem die Gewerkschaften im Vorfeld Beiträge zur Personalkostensenkung unterschreiben. Unserer Meinung nach gibt der Vorstand damit seine unternehmerische Verantwortung für eine gemeinsame Lösungssuche mit uns als tarifierende Gewerkschaft komplett ab. 

In einem Interview auf eBase hat Herr Niggemann bereits davon gesprochen, „…einseitige Maßnahmen umsetzen und unsere Interessenausgleichs- und Sozialplanprozesse entsprechend anlegen…“ zu wollen, sollte es bis zur Hauptversammlung der Aktionäre keine Einigung mit den Gewerkschaften geben. Konkreter wurde dies beim Verhandlungsauftakt zwischen Lufthansa und PV zu einem Interessenausgleich aufgrund der Stilllegung des A380. Hier wurde unsere Personalvertretung „en passant“ aufgefordert sich schon mal auf Sozialplanverhandlungen zur Regelung eines Stellenabbaus vorzubereiten, wie aus dem letzten Newsletter der PV hervorgeht. 

Am 15.06.2020 hat Lufthansa in einer Presserklärung ihre Pläne zum angekündigten Stellenabbau konkretisiert. Die nach dem letzten Sozialpartnergipfel kommunizierte geplante Streichung von 22000 Vollzeitstellen umfasst den ganzen Konzern weltweit. Davon entfallen auf die Lufthansa Passage knapp 5000 Vollzeitstellen: 600 im Cockpit, 1500 am Boden und 2600 in der Kabine. Diese Zahlen sind perspektivisch und werden von Lufthansa zum Ende der Krise erwartet. Wann das Ende der Krise sein wird und ob diese Zahlen genauso zutreffen, kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand, auch Lufthansa nicht wissen. Dies kann momentan nicht mehr als ein Blick in die Glaskugel sein.  

Dieses scheinbar bewusste mit Angst und Druck arbeiten ist leider keine neue Methode seitens unseres Managements. Unter dem Deckmantel der Corona-Krise sollen Maßnahmen zur langfristigen Personalkostenreduzierung und Umstrukturierung umgesetzt werden, die schon länger in den „Schubladen“ des Managements liegen. Dabei wird das Bild des Stellenabbaus beim fliegenden Personal in extremer Größenordnung und die Gleichung „Stellenabbau = betriebsbedingte Kündigungen“ bewusst eingesetzt. 

An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass betriebsbedingte Kündigungen nach wie vor nicht anstehen! Uns schützen momentan sowohl die Kurzarbeit als auch der TV Personalkapazität. Diese schließen betriebsbedingte Kündigungen aus. Des Weiteren hat die Geschäftsführung die PV noch nicht konkret aufgefordert, in Sozialplanverhandlungen einzutreten. Ebenfalls wichtig: Stellenabbau bedeutet nicht automatisch Kündigung! Jährlich haben wir allein eine durchschnittliche Fluktuation von ca. 800-900 Mitarbeitern. Werden diese freiwerdenden Stellen nicht neu besetzt, gelten sie bereits als abgebaut. Des Weiteren gibt es noch andere Möglichkeiten einen Personalüberhang sozialverträglich abzubauen, zum Beispiel durch Teilzeiten, Abfindungen oder unbezahlten Urlaub. 

Bezogen auf diese Maßnahmen hat die PV in der bereits oben erwähnten Veröffentlichung zurecht betont, dass sie an tariflichen Regelungen nichts ändern kann. Dies können nur wir als tarifierende Gewerkschaft der Kabine. Dennoch ist es wichtig, diese beiden Ebenen nicht getrennt voneinander zu betrachten. Momentan haben wir den Eindruck, dass seitens der Geschäftsleitung wieder versucht wird, die betriebliche und tarifliche Ebene strikt voneinander zu trennen und möglicherweise gegeneinander auszuspielen. Wir werden darauf achten, dass das Management mit seiner Strategie, die PV und die UFO gegeneinander auszuspielen, keinen Erfolg hat. Des Weiteren werden wir versuchen, gemeinsam mit der PV tragbare Lösungen für die Kabine zu erarbeiten. Deshalb nimmt UFO die vorgebrachten Sorgen der PV sehr ernst und bringt diese natürlich auch in die Tarifverhandlungen mit ein. 

Ohne Zweifel sind dies herausfordernde Zeiten für die Kabine. Dennoch sind wir als Beirat optimistisch, dass wir diese gemeinsam meistern werden, wenn wir uns nicht spalten lassen.  

Wir wissen, dass Ihr viel Redebedarf habt, daher sind wir gerade jetzt für Euch da. Schreibt uns per Email, im Mitgliederforum auf Facebook oder nutzt den virtuellen Infostand jeden Donnerstag um 17 Uhr, um mit uns in Kontakt zu treten. Sowohl Eure Meinung als auch Eure Sorgen und Nöte sind uns wichtig! 

Solidarische Grüße 
Euer UFO-Beirat 

Foto unsplash.com / @markuswinkler
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