Historie der UFO
GRÜNDUNG ALS BERUFSVERBAND
Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) e.V. wurde am frühen Morgen des 7. Juli 1992 als Berufsverband von engagierten Lufthansa-Kabinenvertreter*innen gegründet.
Einer der Hauptgründe war die Unfähigkeit der damaligen Großgewerkschaften DAG und ÖTV, die Interessen der Kabinenkolleg*innen angemessen zu vertreten. Die spezifischen berufs- und tarifpolitischen Fragestellungen von Flugbegleiter*innen wurden von diesen Gewerkschaften nicht ausreichend oder gar nicht beantwortet. Um die individuellen Probleme für diese Berufsgruppe aufzuzeigen und sich speziell für die Interessen des Kabinenpersonals einzusetzen, wurde die Idee der UFO geboren.
Bereits vier Wochen nach Gründung stürmten am 5. August 1992 zum Ende einer Personalversammlung etwa 150 UFO-Aktive das Büro des Lufthansa Vorstandsvorsitzenden und trugen lautstark ihre Forderungen vor. Wenige Wochen später organisierte UFO mit ihren Mitgliedern eine Demonstration zur LH-Aufsichtsratssitzung vor dem Nobelhotel “Forsthaus Gravenbruch”. Die Ausgründung des sogenannten "Express" konnte verhindert werden. Der “Express” sollte die Kurzstrecke zu wesentlich schlechteren Bedingungen ausflaggen.
Bei der Initiierung und Organisation der ersten Großdemonstration der Luftfahrt in Bonn fand UFO am 20. März 1993 erstmals große Anerkennung in der Öffentlichkeit.
VOM BERUFSVERBAND ZUR GEWERKSCHAFT
Bereits im Jahr 2000 vollzog UFO mit der Aufnahme von Tarifverhandlungen bei der LTU den Schritt vom Berufsverband zur Gewerkschaft. Schnell hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass UFO nur als Gewerkschaft dauerhaft in der Lage ist, ihre berufs- und tarifpolitischen Vorstellungen auch durchsetzen zu können. Seit Mitte 2002 ist UFO auch anerkannter Tarifpartner für das Kabinenpersonal der Lufthansa AG. UFO ist darüber hinaus heute Tarifpartner bei Lufthansa CityLine, Condor, Eurowings Deutschland und German Airways.
EMANZIPATION UND ERSTER GROSSER STREIK
Im Jahr 2012 lehnte Lufthansa nach dem Durchlaufen verschiedener Sparprogramme Forderungen der Kabine nach Vergütungserhöhungen ab und drohte mit günstigeren Leiharbeitnehmer*innen. Infolgedessen kam es zum ersten großen Streik des Kabinenpersonals, der alle Zweifel, ob die Kabine einen solchen Arbeitskampf stemmen könnte, beseitigte. Die Geschlossenheit der Kabine hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei Management und Öffentlichkeit und hat die Verhandlungsposition der UFO auch in anderen Airlines bis zum heutigen Tag gestärkt.
KONZERNUMBAU UND AGENDA KABINE
Mit der "Agenda Kabine" sollte vor dem Hintergrund der anstehenden Themen, dem Ziel die Zukunft des Unternehmens und die Perspektive der Kabinen-Arbeitsplätze zu sichern und in Kenntnis der teilweise sehr konträren Positionen, ein größerer Spielraum eröffnet werden. Zudem hatte Lufthansa die Versorgungstarifverträge für die Kabine zum 31.12.2013 gekündigt. Gleichzeitig stand fest, dass aufgrund des Umstrukturierungsprozesses im Lufthansakonzern, der mit dem „Umklappen“ der dezentralen Stationen von Lufthansa auf die Germanwings seinen Anfang genommen hatte, weitere größere Themenblöcke unaufhaltsam auf die Kabine zukamen.
Im Sommer 2014 schlossen UFO und Lufthansa dann die weitreichende Tarifvereinbarung „Agenda Kabine“. Ausgelöst durch den grundlegenden Umbau des Lufthansakonzerns wuchs die Liste an Problemen und Themen in einer sich stetig verändernden Airlinebranche.
Im Herbst 2015 streikte die Lufthansa-Kabine erneut und machte dem Arbeitgeber mit dem bis dahin längsten Ausstand in der Geschichte der Lufthansa deutlich, dass seine Angstspiele beim so wichtigen Thema Versorgung ins Leere zielen. Schließlich konnten das Thema Versorgung und alle anderen offenen Themen in einer Schlichtung unter Matthias Platzeck, einer umfassenden Lösung zugeführt werden. Resultat dieses Prozesses waren insgesamt 29 Tarifverträge zu so vielfältigen Themen wie Vergütung, betriebliche Mitbestimmung, Wechselmöglichkeiten, Teilzeit und eben auch Versorgung sowie die Einführung eines Mitarbeiterfonds. Zudem konnten Absicherungsmechanismen etabliert werden.
Auch die Germanwings - UFO war dort von Anfang an Tarifpartner - und die Eurowings – UFO ist dort seit 2005 Tarifpartner – wurden bei langwierigen und zähen Tarifrunden Opfer von Konzernumbau und Sparzwängen. Während unter dem Markennamen Eurowings der neue Low-Cost-Bereich eingerichtet wurde, landete die Germanwings auf dem Abstellgleis und sollte nur noch als Produktionsplattform der Eurowings unterwegs sein und geschrumpft werden.
Die Unbeweglichkeit des Managements bei beiden Airlines führte zum ersten Kabinenstreik bei der Germanwings und Eurowings im Oktober 2016. Man entschied sich infolgedessen zu einem gemeinsamen Schlichtungs- und Moderationsprozess unter Vorsitz von Klaus Wowereit.
FESTGEFAHRENER TARIFSTREIT MIT LUFTHANSA
Im Jahr 2019 kam es gleich dreimal zum Streikaufruf durch UFO. Sie forderte für rund 21.000 Lufthansa-Flugbegleiter*innen höhere Spesen und Zulagen sowie besseren Zugang für Saisonkräfte in regulären Anstellungsverhältnisse.
Zunächst sollte es zu Warnstreiks bei den Lufthansa-Töchtern Germanwings, Eurowings, SunExpress und CityLine kommen, jedoch erfüllte Lufthansa die freiwillige Entgelterhöhung von 2 % bis Ende des Jahres 2019. Damit wurden die angekündigten Warnstreiks wieder aufgehoben.
Doch für die Mitarbeiter*innen des Mutterkonzerns konnte sich keine Einigungen finden lassen. So brach der Lufthansa-Konzern die Verhandlungen ab, woraufhin UFO andeutete, dass sich ein Streik erneut auf die vier Lufthansa-Töchter ausweiten könnte. Statt auf die Forderungen der UFO einzugehen, ließ Lufthansa lieber prüfen, ob der UFO-Vorstand satzungsgemäß zustande gekommen sei. Auch die Rechtmäßigkeit des angekündigten Streiks ließ Lufthansa gerichtlich überprüfen. Scheiterte jedoch im Eilverfahren am Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Auch in zweiter Instanz, vor dem Landesarbeitsgericht, wurde die einstweilige Verfügung gegen den UFO-Streik abgelehnt. Damit war der Weg frei für einen 48-Stunden-Streik.
Das Handeln der UFO führte dazu, dass Lufthansa zu einer Schlichtung bereit war. Eine Einigung konnte allerdings nicht erreicht werden. Lufthansa wollte UFO zu einer Friedenspflicht bewegen, doch ohne Gegenleistung wollte UFO sich nicht verpflichten. Daraufhin kündigte UFO weitere Streiks für die Weihnachtszeit an.
Bei der Lufthansa-Tochter CityLine konnte indes ein Tarifabschluss erzielt werden. Es konnten Ergebnisse zu den Themen Ergebnisbeteiligung, betrieblicher Altersversorgung, Altersteilzeit und der Ausbildung für das Kabinenpersonal verhandelt werden.
Über Silvester 2019 streikte UFO dann bei der Lufthansa-Tochter Germanwings. Die Airline musste über 100 Flüge streichen. Zentraler Streitpunkt waren die Teilzeitregelungen der Flugbegleiter*innen. UFO konnte auch hier durch fähiges Verhandlungsgeschick erreichen, dass der Tochterkonzern den Tarifvertrag Teilzeit der Lufthansa vollumfänglich und mit sofortiger Wirkung übernahm.
Ende Januar 2020 drohte UFO erneut mit Streik, da immer noch keine tarifliche Lösung erreicht wurde. Zu diesem Streik kam es jedoch nicht, da UFO und Lufthansa eine Einigung samt Friedenspflicht bis zum Ende des Verfahrens erzielen konnten. Damit waren auch sofortige Verbesserungen für die rund 22.000 Lufthansa-Flugbegleiter*innen verbunden: Layover in Japan und Südkorea wurden wieder verlängert und die Beschäftigten erhielten eine Sonderzahlung in Höhe von 1.500 Euro.
CORONA-KRISE
Der weltweite Ausbruch der Infektionskrankheit Covid-19 hatte auf den Flugverkehr dramatische Auswirkungen. Im März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die bisherige Epidemie zu einer weltweiten Pandemie. Dies führte dazu, dass der Flugverkehr vielerorts eingestellt wurde und bestimmte Länder Reisewarnungen und -beschränkungen aussprachen. In einigen Ländern kam der Flugverkehr so fast gänzlich zum Erliegen. Weltweit kämpften Airlines ums Überleben.
Als erste Gewerkschaft, noch vor Cockpit und Boden, schaffte es UFO für das Kabinenpersonal der Lufthansa einen vierjährigen Kündigungsschutz durchzusetzen. Hierzu wurde der Tarifvertrag Krise aufgesetzt, welcher von der Mehrheit der Mitglieder in einer Abstimmung bestätigt wurde. Statt Kündigungen konnte UFO so den Flugbegleiter*innen die dringend benötigte Arbeitsplatzsicherheit in der Corona-Krise verschaffen, die allerdings auch mit Einschnitten u.a. bei Vergütung und betrieblicher Altersvorsorge während der Laufzeit einhergingen.
Zusätzlich legte Lufthansa dem Kabinenpersonal Freiwilligenprogramme auf: Lufthansa bot Flugbegleiter*innen an, gegen Zahlung einer Abfindung freiwillig auszuscheiden bzw. früher in Rente zu gehen.
Bei Lufthansa CityLine kam es ebenfalls zum Abschluss eines Krisentarifvertrags.
Die Lufthansa-Töchter Germanwings, SunExpress und Brussels Deutschland wurden hingegen während der Covid-19-Pandemie dauerhaft geschlossen. Kurz darauf gründete Lufthansa die Langstrecken-Billigmarke Eurowings Discover. Bis heute sperrt sich die Airline für eine Tarifierung. In der Zwischenzeit konnte UFO gemeinsam mit der Vereinigung Cockpit die Wahl eines Betriebsrats in die Wege leiten.
Auch bei der durch die Corona-Krise stark gebeutelten German Airways konnte UFO, ebenfalls zusammen mit der Vereinigung Cockpit, eine erfolgreiche Betriebsratsgründung initiieren. UFO sitzt dort inzwischen auch mit einer Tarifkommission am Verhandlungstisch.
So wie alle anderen Airlines plagten auch Condor die Reisebeschränkungen während der Pandemie. Nachdem der Mutterkonzern Thomas Cook Insolvenz anmeldete, musste Condor vom deutschen Staat in Form eines Kredits unter die Arme gegriffen werden. Es sollte ein Käufer für die Airline gefunden werden. Aus der Auslöse sollte anschließend der Staatskredit zurückgezahlt werden. Durch den Ausbruch der Corona-Pandemie, zog die polnische Fluggesellschaft LOT ihr Kaufangebot zurück, denn die Airline war selbst in finanzielle Schwierigkeiten gekommen.
Im Mai 2021 konnte Condor einen neuen Investor finden. UFO hatte zuvor neue Vergütungstarifverträge und Manteltarifverträge abgeschlossen, und damit einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen der Investorengespräche geleistet. Grundlage hierfür war ein gewerkschaftliches Eckpunktepapier zu neuen Tarifvertragsbedingungen, das im Januar 2020 vereinbart worden war, als der Investor PGL die Condor übernehmen sollte. UFO war es in der Krise gelungen, betriebsbedingte Kündigungen erfolgreich zu verhindern.
RESTART UND KRISEN-NACHWIRKUNG
Im Sommer 2022 erfolgte der Restart im Luftverkehr und die Passagierzahlen stiegen wieder rasant. Das vergrößerte Flugangebot stieß allerdings auf personell schlecht ausgestattete Strukturen als Folge von Kündigungen und Abwanderung von Fachkräften in andere Branchen während der Coronakrise. Daraus folgten Reisechaos für die Passagiere und massiv erhöhte Arbeitsbelastungen für das verbliebene Personal.
Im November 2022 einigten sich UFO und Lufthansa auf eine Vergütungserhöhung in zwei Schritten für das Kabinenpersonal. Neben einer Sockelaufstockung aller Gehaltstufen um 250 € zu Beginn 2023 und einer Vergütungserhöhung um 2,5% ab Juni 23 wurden Spesen und Purserzulagen signifikant erhöht und das Saisonalitätsmodell Kabine abgeschafft. Mit der neuen Tarifvereinbarung wurde zudem der Krisentarifvertrag vorzeitig beendet.
GRÜNDUNGSZIEL „BERUFSBILD FLUGBEGLEITER“
Seit Gründung der UFO war die Anerkennung des Berufsbildes für Flugbegleiter*innen eines der wichtigsten Themen. Vor allem für Kolleg*innen, die dauerhaft fluguntauglich werden oder aus anderen Gründen die Kabine wieder verlassen, galt die Arbeit in der Kabine am Arbeitsmarkt bisher nur als angelernte Tätigkeit. UFO schuf gemeinsam mit IHK und Lufthansa sowie einem externen Bildungsträger, einen anerkannten Beruf, der als so genannte IHK-Aufstiegsfortbildung in dem Abschluss zum/zur „Fachberater*in Servicemanagement“ mündet. Mehr dazu.
DIE KABINEN-COMMUNITY
Der Vorstand der UFO setzt sich aus Flugbegleiter*innen verschiedener deutscher Luftverkehrsgesellschaften zusammen. Er wird bei seiner Arbeit von einem großen Kreis ehrenamtlich engagierter Kolleg*innen sowie den hauptamtlichen Mitarbeiter*innen in der Geschäftsstelle unterstützt. Durch verschiedene Arbeitsgruppen, engagierte Personalvertreter*innen in den Flugbetrieben, Arbeitnehmervertreter*innen in diversen Aufsichtsräten und nicht zuletzt durch die einzelnen Tarifkommissionen bietet UFO ein breites Spektrum der Unterstützung für ihre Mitglieder.
UFO ist auch heute die einzige Gewerkschaft in Deutschland, die sich ausschließlich um die Interessen des fliegenden Personals kümmert. Kolleg*innen der Fluggesellschaften Condor, Eurowings, Eurowings Discover, Eurowings Europe, German Airways, Lufthansa, Lufthansa CityLine, EasyJet und TUIfly sehen UFO als: „Das Sprachrohr der Kabine".