Fume Event Guide
Deutsch
Definition:
Ein Fume Event ist das Einatmen (akzidentelle Inhalation) von Flugzeugkabinenluft, die von stark erhitzten Stoffen wie Triebwerksölen, Hydraulikölen, Enteisungsflüssigkeiten oder anderen möglichen Gefahrstoffen verunreinigt wurde.
An Board
Geruchswahrnehmungen an Cockpit und an verantwortlichen Flugbegleiter melden. Soweit erforderlich Eigenschutzmaßnahmen analog Dangerous Goods Procedure einleiten, d.h. Rauchschutzhauben aufsetzen.
Sofortmaßnahmen:
Weitere Exposition vermeiden. Erstversorgung: Sauerstoff/ O2-Sättigung mit Pulsoximeter an Bord messen. O2-Gabe bei Bedarf.
Dokumentation:
Eintrag ins Technische Logbuch. Cockpit und Kabine: jeweils airlinespezifische Dokumentation ausfüllen (Smell/Bad Air Report). Reports bleiben an Bord als Info für Mechaniker (copy/fotografieren).
Aufheben aller Briefing-Unterlagen für den vom Vorfall betroffenen Flug. Notieren aller Gegebenheiten auf diesem Flug: Flugzeugregistrierung, Routing, betroffene KollegInnen, Zeugen, Maßnahmen Cockpit, Maßnahmen Technik.
Gesundheitsschäden:
Sofortige Auswirkungen unmittelbar nach Exposition können sein:
Schleimhautreizung, Kopfschmerzen, Bauchkrämpfe, Muskelschwäche, grippeähnliche Symptome, Störungen des Gleichgewichts und des Ganges, Erbrechen, Kribbeln/Taubheitsgefühl.
Langzeitauswirkungen von Neurotoxizität können sein:
Müdigkeit, Gedächtnis-, Konzentrations- und Sprachstörungen. Symptome müssen fortlaufend dokumentiert und medizinisch betreut werden. Ein Tagebuch mit Befundkopien sollte geführt werden. Bei Langzeitfolgen nach 30 Tagen: Test auf Small Fiber Neuropathy erstellen lassen (an vielen Kliniken mit neurologischer Abteilung möglich).
Wenn pneumologische Untersuchungen notwendig werden:
Spiro Ergo, Lungenventilation, -Perfusion und -Diffusion (TLCO und TLNO). Bitte Pneumologische Praxis mit Carefusion-Geräten aufsuchen.
Symptome tauchen meist zeitverzögert auf, sie können sich über Tage und Wochen entwickeln.
Arzt / Krankenhaus aufsuchen
Die ersten drei Urinproben asservieren (falls kein Urinbecher: kleine Wasserflaschen, Datum und Uhrzeit vermerken, kühlen).
Da es sich bei einem Fume Event um einen Arbeitsunfall handelt, muss zunächst ein Durchgangsarzt (D-Arzt) aufgesucht werden. Da Wartezeiten in der Notaufnahme eines Krankenhauses sehr lang sein können ist es ebenfalls möglich, sich bei einem niedergelassenen Durchgangsarzt vorzustellen.
Es sind ca. 3.500 D-Ärzte auf der Homepage der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gelistet: http://bit.ly/dguvsuche
Wichtig bei Blutentnahme:
Bitte den Behandelnden darüber informieren, dass die Desinfektion des Hautareals vor der Blutentnahme nicht mit lösungsmittelhaltigen Desinfektionsmitteln erfolgen darf, sondern z.B. mit einer dreiprozentigen wässrigen Wasserstoffperoxidlösung (AMR 6.2); sofern nicht vorhanden bitte den Namen des Desinfektionsmittels notieren.
Großes ausgiebiges Standardlabor erstellen lassen:
- Differentialblutbild, Nierenwerte, Leberwerte, Creatinkinase gesamt und Isoenzyme der CK bestimmen lassen, ggf. Werte je nach Symptombefund.
- Blutgasanalyse mit CO-Hb, Met-Hb und O2-Sättigung am Tage des Events bestimmen lassen, da die Halbwertszeit von CO-Hb (kohlenmonoxidgesättigtes Hämoglobin) nur 245 Minuten beträgt (Rauchen beeinflusst die Werte!).
- AChE (Acetyl-Cholin-Esterase) am Tage des Events bestimmen lassen. Von Vorteil ist ein unbelasteter Vergleichswert zur Beurteilung.
Dann Überweisung zu weiteren Untersuchungen zur Arbeitsmedizin/Toxikologie, Neurologie und Pneumologie (zur „besonderen“ Heilbehandlung gemäß §11 & §12 Abkommen Ärzte / Unfallversicherungsträger, nicht zur „allgemeinen“ Heilbehandlung) verlangen.
Sämtliche Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Atemnot, neurologische Beschwerden usw. müssen untersucht und dokumentiert werden. Zusätzlich zweimal 30 ml Blut (EDTA) in Röhrchen für klinische Chemie abnehmen lassen für weitere, spätere toxikologische Analysen (Beweissicherung). GEFROREN lagern. 3 Urinproben am ersten Tag, dann 5 Tage lang jeweils eine pro Tag asservieren, ebenfalls gefroren lagern.
Sterile Urinbecher gibt es in Apotheken zu kaufen, ansonsten saubere, verschließbare Flaschen/Becher/Behältnisse benutzen. Urinproben und 2 Blutproben für spätere toxikologische Kontroll-Untersuchungen tiefgekühlt lagern (Selbes Problem wie oben).
MELDUNG
Gemäß EU-VO 996/2010 & 376/2014 ist die behördliche Meldung einer Störung notwendig. Jedes Crewmitglied ist für diese Meldung berechtigt und verantwortlich:
Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung
Tel.: +49 531 3548-0,
Das Online-Formular ausfüllen und durch ankreuzen von LBA und BFU sicherstellen, dass beide Behörden informiert werden.
Flight/Cosmic Report:
Möglichst zeitnah Flight/Cosmic Reports für den Flugbetrieb ausfüllen (falls Papierform: copy/fotografieren). Das Ereignis so detailliert wie möglich schildern.
Unfallanzeige:
Unfallreport ausfüllen und an Arbeitgeber, sowie PV und interne Arbeitssicherheit senden (in einigen Flugbetrieben online möglich). Kopie machen oder abfotografieren. Der Arbeitgeber ist verpflichtet gemäß SGB 7 §193 die Unfallmeldung an die BG weiterzuleiten. Wenn man nach einer Woche keine Bestätigung des Arbeitgebers bzgl. der Weiterleitung an die BG erhalten hat, bitte diese Bestätigung vom Arbeitgeber einfordern.
Sollte der Arbeitgeber nach Anfrage keine Bestätigung der Weiterleitung zugeschickt haben, bitte Info an PV und eigeninitiativ eine Kopie des Unfallreport an BG einreichen:
BG Verkehr
Hauptverwaltung Hamburg
Ottenser Hauptstraße 54
22765 Hamburg
Tel.: +49 40 325220-0
Fax: +49 40 325220-2699
Meldung des Vorfalls und Kopie der BFU/LBA-Meldung an die jeweilige Personalvertretung und die UFO: smellevent@ufo-online.aero
Der Fume Event Guide als druckbare PDF-Datei zum herunterladen.