Kontaminierte Kabinenluft in Passagierflugzeugen
Positionspapier der UFO
Ausgangssituation
Immer wieder ereignen sich Vorfälle, sog. „Fume-Events“, in Passagierflugzeugen, bei denen giftige Schadstoffe durch technische Defekte (häufig zu Zeitpunkten maximaler Belastung wie der Start- und Landephase und bei sogenannten „Lastwechseln“ der Triebwerke) in die Kabine gelangen. Unter bestimmten Voraussetzungen werden solche Ereignisse von unangenehmen Gerüchen begleitet, häufig sind sie jedoch überhaupt nicht wahrnehmbar. Bei den daraus resultierenden gesundheitlichen Schäden muss zwischen akuten und chronischen Symptomen unterschieden werden.
Eine steigende Anzahl von Mitarbeitern des fliegenden Personals klagt über gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge der oben genannten Vorfälle. Zudem konnten verschiedene Betroffene Langzeitschäden durch die bei solchen „Events“ erlittenen Vergiftungen an Bord nachweisen.
Auf Grund der deutschen Rechtslage und des langen Unterschätzens der Problematik durch Fluggesellschaften und die Flugzeug- sowie Triebwerkshersteller sehen sich Betroffene bei der Aufklärung und Beseitigung dieser Gefahr jedoch auch weiterhin mit sehr großen Hindernissen konfrontiert. So gestaltet sich beispielsweise die Beweislage vor Gericht und bei der Einforderung von Versorgungsleistungen für sie extrem schwierig, da hierfür der Nachweis eines Kausalzusammenhangs von Schadstoffen und Erkrankung erforderlich ist.
In Ermangelung eines entwickelten und konsequent angewandten, non punitiven Reporting-Systems werden viele solcher Vorfälle überhaupt nicht registriert und etwaige gesundheitliche Schäden auch nicht erforscht. Offenbar werden Vorfälle aus Angst vor negativen Auswirkungen auf den Anzeigenerstatter durch den jeweiligen Flugbetrieb nicht abgegeben. Bislang zwingt die Berufsgenossenschaft Verkehr durch ihre Ablehnungshaltung die Betroffenen erst in ein aufwendiges, langjähriges und kostenintensives Verfahren vor den Sozialgerichten.
Zur permanenten Kontrolle und Prävention im Falle von Kontamination wäre es sinnvoll, Sensoren einzubauen, die in Echtzeit die Kabinenluft analysieren. Benötigt würden für diese Messungen außerdem verlässliche Grenz- oder Schwellenwerte. Durch diese Maßnahmen könnte eine deutliche Verbesserung der Kabinenluftqualität gewährleistet werden. Weder die Ausstattung der bestehenden Flotten noch die Definition von Grenzwerten ist jedoch bislang erfolgt.
Problematisch ist außerdem, dass seitens der Fluggesellschaften kein ausreichendes Angebot für gesundheitliche Vor- und Nachsorge angeboten wird. Schließlich fehlt es an Aufklärung des Kabinenpersonals über Risiken und mögliche Folgen von Vorfällen mit Schadstoffaustritt sowie über die Meldepflicht bei der Berufsgenossenschaft und Luftfahrtbehörden (LBA und BFU). Aufzuklären ist bereits bei Einstellungsbeginn, muss jedoch auch in Form eines kontinuierlichen Aufklärungsangebots für den Arbeitsplatz Kabine vorgenommen werden.
Die Gewerkschaft des Kabinenpersonals in Deutschland UFO e.V. befasst sich bereits seit vielen Jahren mit der Schadstoffproblematik in Passagierkabinen. Die UFO ist in diesem Bereich auch auf internationaler Ebene aktiv.
Fluggesellschaften, Industrie, Bundesregierung, EU-Kommission, EASA und ICAO sind aufgefordert, sich an der Problemlösung konstruktiv beteiligen. Es ist aus unserer Sicht nicht länger tolerierbar, dass entgegen neuester technischer Entwicklungen von Kabinenluft-Systemen zur Verwendung an Bord (z.B. Boeing 787 Dreamliner/ Fa Liebherr Aerospace - Toulouse für A320 NEO) auch noch in naher Zukunft Flugzeuge für den Betrieb zugelassen werden sollen, die konstruktionsbedingt die vorbenannten Vergiftungsrisiken beinhalten (z.B. Airbus A350). Hier gilt unserer Ansicht nach die konsequente Anwendung des Präventionsprinzips für alle Beteiligten.
Die Kabinengewerkschaft UFO e.V. stellt deshalb folgende Forderungen auf, um die Gefahr für Gesundheitsschädigungen bei fliegendem Personal und Passagieren dauerhaft zu vermindern:
Forderungen zur technischen Weiterentwicklung:
- Ausstattung bestehender Flotten mit Filtern (sobald funktionsfähig und verfügbar)
- Permanente Überprüfung der Kabinenluftqualität mittels Sensoren
- (Weiter-)entwicklung von neurotoxisch unbedenklichen Ölen
- Konstruktionsbedingte Abkehr von der sogenannten „Zapflufttechnik“ für Kabinendruck- und Luftsysteme an Bord von Passagierflugzeugen.
Forderungen zu Gesundheitsprävention und gesundheitlicher Nachsorge bei fliegendem Personal:
- Gewährleistung eines ausreichenden Atemschutzes für jedes Kabinenmitglied (etwa in Form von Rauchschutzhauben bzw. Atemschutzgeräten) im Fall eines sog. Smell-/ Smoke-Events
- Einrichtung speziell ausgerichteter Kliniken und Ärzte für Betroffene
- Kostenfreie Bluttests für das fliegende Personal (Bio Monitoring)
- Einrichtung eines Entschädigungsfonds durch die Industrie
- Anerkennung von Schädigungen durch Schadstoffe in der Kabinenluft als Berufskrankheit durch die Berufsgenossenschaft
Forderung zur Aufklärung:
- Verstärkte Schulung und Information des fliegenden Personals zu Risiken und möglichen gesundheitlichen Folgen von Vorfällen mit Schadstoffaustritt (besonders bei Einstellungsbeginn und dann in regelmäßigen Abständen)
- Verstärkte Aufklärung über die non-punitive Meldepflicht bzgl. Vorfällen mit Schadstoffaustritt bei den zuständigen Behörden (LBA und BFU) sowie bei der Berufsgenossenschaft (besonders bei Einstellungsbeginn und dann in regelmäßigen Abständen)
Position paper of the Independent Flight Attendant Organisation (UFO e.V.) regarding contaminated cabin air on passenger aircrafts
Initial situation
Time and again incidents called „fume events“ occur on passenger aircrafts in which toxic substances enter the cabin. These events are caused by technical errors (often in moments of full power i.e. in the process of taking off and landing as well as during „load changes“ of the engines. Under certain circumstances these incidents are accompanied by odors which are, however, often not noticeable. Regarding the resulting damage to human health, acute symptoms and chronic symptoms have to be differentiated. An increasing number of crew members has complained about health issues following the incidents mentioned above. Additionally, several affected employees were able to furnish proof for long term health damage caused by intoxications on board during „fume events“.
Due to the German legal situation and underestimation of this topic by airlines as well as aircraft and engine manufacturers, many affected crew members and passengers are confronted with great difficulties in clarifying and eliminating this danger. Accordingly the process of establishing evidence in court in order to receive benefits is complicated by the fact that confirmation of a causal dependance between the toxic substances and the health damages is necessary.
Due to lack of a developed and consequently operated, non punitive Reporting System many incidents are not registered and potential health damages are not investigated. Apparently incidents are not reported for fear of negative consequences for the plaintiff caused by the particular airline. So far the BG for transport and traffic forces al concerned crew members into a complex, long lasting and expensive trial at social courts.
For permanent control and prevention in case of contamination it would be reasonable to install sensors which analyse the cabin air at all times. Reliable critical values or threshold values are essential for these measurements. These procedures could ensure a distinct improvement of cabin air quality. Up to the present, neither has the existing fleet of aircrafts been equipped, nor has a definition of critical measured values been specified.
Furthermore airlines do not provide a sufficient range of preventive health care and aftercare.
Finally cabin staff is often not informed about risks and possible consequences of fume events as well as about the obligation to report to the BG for traffic and transport and aviation authorities (the LBA/BFU). Information and education on this subject is required to take place in the beginning of the employment and needs to be continuously provided for all crew members.
The union of cabin staff in Germany, UFO e.V., has been attending to the problem of harmful substances in passenger cabins for years. UFO is also internationally active and committed in this regard.
Airlines, industry, Federal Government, EU Commission, EASA and ICAO are requested to participate constructively in the process of solving this problem. In our opinion it is no longer tolerable that in near future aircrafts which contain the risks of intoxication as mentioned before (i.e. Airbus A350) are still admitted to operate in spite of the latest technical developments of cabin air systems (i.e. Boeing 787 Dreamliner/ Fa Liebherr Aerospace - Toulouse for A320 NEO). We consider the consequent application of the principle of prevention as essential.
Therefore the cabin staff union UFO e.V. makes the following demands in order to permanently decrease the dangers of health damages for crews and passengers:
Demands regarding technical development
- Equipment of existing fleet with filters (as soon as they are operative and available)
- Permanent examination of the quality of cabin air through sensors
- (Further) development of neurotically harmless oils
- Abandonment of „bleed air“ technique for cabin pressure and cabin air systems on passenger aircrafts (depending on the construction)
Demands regarding health prevention and aftercare for crews:
- Ensuring respiratory protection for every crew member (by smoke hoods or respirators) in case of smell or smoke events
- Arranging clinics and doctors with specific focus on those affected by such events
- Free blood tests for crew member (bio monitoring)
- establishing of a compensation fund system by the industry
- Acknowledgement of damages through harmful substances in cabin air as an occupational disease by the BG for traffic and transport
Demands regarding education
- Intensified courses of instruction and information for crews about risks and possible consequences of fume events (especially in the beginning of employment and in regular intervals thereafter).
- Intensified information and education on the non punitive obligation of reporting to the responsible authorities (LBA and BFU) as well as the BG for traffic and transport in case of a fume event (especially in the beginning of employment and in regular intervals thereafter)
For further information, please contact Mr. Andreas Sitek (sitek@ufo-online.aero) and Mr. Martin Sehnem (sehnem@ufo-online.aero) of the UFO Health Work Group.