
Condor-Personalversammlung:
Starke Personalvertretung, schwacher Arbeitgeberkurs
Condor-Personalversammlung:
Starke Personalvertretung, schwacher Arbeitgeberkurs

Liebe Kolleg*innen,
die diesjährige Personalversammlung der Condor fand nicht wie in den vergangenen Jahren fußläufig zum Airport Frankfurt im B’mine in Gateway Gardens statt, sondern “jwd” in den Geschäftsräumen der Condor in Neu-Isenburg. Schon der Blick in den Saal zeigte: Die Anwesenheit war gering – vielleicht wegen des Umzugs, vielleicht aus Resignation. Umso wichtiger war es uns, genauer hinzuschauen: Was wird berichtet, wo drückt der Schuh und wer arbeitet hier eigentlich verlässlich – und wer nicht.
Was eure Personalvertretung leistet
Die Personalvertretung (PV) hat, gewohnt transparent, über ihre Arbeit im vergangenen Geschäftsjahr berichtet. Besonders beeindruckend waren für uns folgende Zahlen:15.753 Mails von Kolleg*innen wurden bearbeitet, 104 BEM-Gespräche begleitet, 20 Betriebsvereinbarungen (BVB) und 10 weitere Reglungen abgeschlossen. Das sind keine abstrakten Kennziffern, sondern sehr konkrete Hinweise darauf, wie viele Anliegen, Sorgen und Konflikte im Hintergrund jeden Tag von der PV bearbeitet werden.
Diese Arbeit wird von nur zwölf Personalvertreter*innen gestemmt. Zwölf Personen, die neben ihrer eigenen Belastung im Flugbetrieb dafür sorgen, dass Rechte gewahrt, Probleme aufgenommen und Lösungen gefunden werden. Vor Ort wurde ihnen mehrfach und zu Recht für diesen Einsatz gedankt. Klar wurde dabei aber auch: Die Kapazitätsgrenzen der PV sind längst erreicht – und überschritten.
Wenn die Condor wächst, der Arbeitgeber aber auf der Bremse steht
Vor diesem Hintergrund berichtete die PV über die Gespräche zur dringend notwendigen Erhöhung der Anzahl der Personalvertreter*innen. Das passt zur Realität im Betrieb: mehr Kolleg*innen in Kabine und Cockpit, steigende Belastung, mehr Konflikte, mehr Gesprächsbedarf. Eigentlich wäre es selbstverständlich, dass der Arbeitgeber diesen Weg konstruktiv unterstützt.
Stattdessen erleben wir hier den neuen „Condor-Spirit“. Dort, wo Entlastung und Mitbestimmung nötig wären, kommt der Arbeitgeber ins Stottern. Die PV erklärte, dass der Tarifvertrag Personalvertretung (TV PV), in dem die Anzahl der Personalvertreter*innen festgeschrieben ist, bereits mehrfach zur Neuverhandlung anstand, Condor aber scheinbar kein gesteigertes Interesse an der Entlastung eurer PV hat. Das Betriebsverfassungsgesetz, das ohne TV PV für euch gültig wäre, kennt klare Leitplanken für eine angemessene Vertretung. Nach diesen Leitplanken hättet ihr aktuell 33 Personalvertreter*innen und nicht 12. Statt den Weg für eine stärkere Vertretung freizumachen, schiebt der Arbeitgeber eure PV weiter auf die lange Bank.
Was die Geschäftsführung erzählt – und was bei euch ankommt
Dazu passt auch der Auftritt der Geschäftsführung auf der Versammlung. Herr Gerber lobte die schnelle Umsetzung des neuen City-Shuttle-Systems, also genau der Dienste, die euch seit Monaten an die Belastungsgrenze bringen. Parallel stellte er das Condor-Kulturprojekt „Core“ vor. Gleichzeitig war von guter Nachfrage auf der Kurz- und Mittelstrecke die Rede, von nur leicht gesunkener Nachfrage auf der Langstreckeim Sommer und von weiteren guten Kennzahlen: Verbesserungen bei „Seats offered“, On-Time-Performance, 3h-Delays und im Net Promoter Score. In der Touristik müsse trotzdem geschrumpft werden, da ab Sommer 13 City-Shuttlebis zu dreimal am Tag angeflogen werden und dafür 13 Flugzeuge benötigt würden – es sei „einer der besten Sommer der letzten zehn Jahre“ gewesen.
Die Darstellung des vergangenen Jahres als Erfolgsstory steht im harten Kontrast zu euren Rückmeldungen aus den Umläufen. Während die Geschäftsführung Kulturprojekte, gute Zahlen und „beste Sommer“ feiert, sitzen die Kolleg*innen ständig in proceedings, kämpfen mit ewig-langen Turnarounds und zermürbender Unsicherheit über den Fortbestand ihrer Stationen. Wenn dann noch verkündet wird, man werde sich zur Entlastung der City-Shuttle-Flüge mit den Gewerkschaften „unterhalten“ und führe ja schon mit „einigen“, nämlich UFO und VC, Gespräche, bleibt ein schaler Beigeschmack: Wer ernsthaft Entlastung will, muss liefern – nicht nur sich selbst auf die Schulter klopfen.
Belastung im Fokus: City-Shuttles als Dauerbrenner
Im Vordergrund der Beschwerden der Kolleg*innen stehen weiterhin Belastungsthemen. Ganz oben: die City-Shuttles mit langen Turnarounds und engen Abläufen, die den Tag strecken und die Erholungsphasen zusammenschieben. Aus den Rückmeldungen vor Ort wurde deutlich, wie sehr diese Dienste an Kräften, Gesundheit und dem Privatleben zehren. Hierzu heißt es dann von Seiten des Arbeitgebers, man habe ja erst knapp sechs Monate City-Fliegen hinter sich – Subtext: Konnten wir doch alles nicht wissen, dass ihr dann mit kaum Blockzeit trotzdem ellenlange Tage habt. Ja Surprise, dass FRA-BER nur 50 Minuten Blockzeit hat. Who’d have known.
Viele Kolleginnen schildern, dass sie sich von der Condor mit diesen Anliegen nicht gehört fühlen. Die PV hat das nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern im Vorfeld der Versammlung eine Umfrage gestartet. Mehr als 300 Kolleg*innen haben sich daran beteiligt und sehr klar gemacht, wo der Schuh drückt. Während die Geschäftsführung also von Kulturprojekten und Performance-Kennzahlen spricht, liefert die PV die harten Fakten zu eurer Belastung.
Klare Botschaft
Die Personalversammlung macht deutlich, wer im Alltag tatsächlich Verantwortung übernimmt. Ihr haltet den Laden am Laufen, und gleichzeitig arbeitet eure PV am Limit, hört zu, sammelt Fakten, führt Gespräche und schließt Vereinbarungen. Der Arbeitgeber dagegen verweigert sich an entscheidenden Stellen, wenn es um mehr Vertretung, Entlastung und echte Beteiligung geht. Stattdessen sucht man lieber nach „Lücken“ in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen, interpretiert diese kreativ und treibt euch an den Rand eurer Kräfte.
Wir werden gemeinsam mit der PV weiter Druck machen, damit aus euren Rückmeldungen konkrete Veränderungen werden. Die UFO-MTV-Verhandlungen laufen, und ihr könnt euch darauf verlassen: Wir lassen die Belastungsthemen nicht los und wir lassen nicht zu, dass diejenigen ausgebremst werden, die sich Tag für Tag für euch einsetzen.
Kollegiale Grüße,
eure UFO-Tarifkommission Condor
Astrid Wach (Sprecherin)
Norman Wiese (stellv. Sprecher)
Thomas Kremer
Gönül Aslan-Kuhner
Christopher Gerth
Batu Karaoguz
Marion Schneider
Roman Diemer
Bruna Kastein
Nina Coppik (UFO-Tarifreferentin)
Dr. Sebastian Wolff (UFO-Tarifreferent)
Tim Beyermann (UFO-Verhandlungsführer)



