
Der Konzern versucht durchzuregieren
Jetzt können wir noch was tun – packen wir’s an
Der Konzern versucht durchzuregieren
Jetzt können wir noch was tun – packen wir’s an

Wir alle haben viel zu tun und kommen nicht immer dazu, alle Veröffentlichungen und Newsletter zu lesen. Daher gibt es diesen Text heute auch für Deine Ohren. So kannst Du Dich anderen Dingen widmen und gleichzeitig updaten.
Liebe Kolleg*innen der Lufthansa Kabine,
aktuell ist so viel los, man kommt kaum hinterher. Gigantische Stellenstreichungen, drohender Arbeitskampf, zunehmende Verschärfung der Rhetorik des Arbeitgebers mit kaum mehr verhohlenen Drohungen gegen die eigenen Beschäftigten. Der fundamentale – um nicht zu sagen: radikale – Konzernumbau ist in vollem Gange.
Daneben geht es beinahe unter, wenn Grundsätze der Urlaubsvergabe derart beschnitten werden, dass von ihnen fast nichts mehr übrigbleibt oder man mit „Fox“ mal wieder ein neues Konzept ausrollen will, welches den Service ausweiten, die Crew aber verkleinern soll. Wird schon passen.
Nein, passt nicht. Es passt nicht, weil man Arbeit nur bis zu einem gewissen Punkt verdichten kann (wir glauben: Auch im Sinne der Qualität, aber was wissen wir schon…). Und weil man auch als Kabine vielleicht hin und wieder dann Urlaub machen können muss, wann man will – oder familiäre Verpflichtungen es vorgeben.
Begleitet wird das alles vom nicht enden wollenden Versuch, ein Bild der Lufthansa als armen kranken Mann zu zeichnen, der unverschuldet in Not geraten ist und der nun – zum Bedauern aller – nicht anders kann.
Auch das passt nicht. Die UFO-Tarifabteilung hat das kürzlich eingeordnet. Diese Veröffentlichung hat offenbar ein großes “Hallo” im Management hervorgerufen. Herr Beißel ließ postwendend im CRA verlautbaren, Zahlen sprächen „eine klare Sprache“.
Selbstverständlich gehe beim Rechnen alles mit rechten Dingen zu, beteuert er. (Der Witz ist – niemand hat etwas anderes behauptet. Aber der Punkt ist: Alles, was der Story vom kranken Mann dienen könnte, wird gemeinsam in einen Topf geworfen. Dazu allerdings schweigt Herr Beißel sich aus.) Hinter vorgehaltener Hand hört man, Carsten Spohr habe gar getobt. Ungerecht sei das gewesen, was da geschrieben wurde, wenn nicht gar gelogen. Von wegen, kein gutes Management. Er habe rechtzeitig alles in die Wege geleitet, um das Unternehmen wettbewerbsfähig aufzustellen. Aber die Welt, allen voran Boeing und Airbus, liefere nun mal nicht. Fair Point. Man darf sich aber nicht wundern, dass es einen Moment länger dauert, wenn man wie am Beispiel der Boeing 787-9 erst 2019 einen modernen Flieger bestellt, den andere Airlines schon lange nutzen und fleißig weiterhin bestellen. Boeing wartet nicht, bis Lufthansa sich dann auch irgendwann mal bequemt und lässt dann alles stehen und liegen, um uns zu bevorzugen…
Ein paar Gegenfragen müssen erlaubt sein. In jeder Präsentation zur Finanzlage (davon haben wir einige gesehen) zeigt man uns ähnliche Slides. Dieses AOC und jener Konkurrenzkonzern flögen diese und jene wunderbare Marge ein, nur die Deutsche Lufthansa, die bringe es leider nicht. Innerhalb des Konzerns ist man besonders stolz auf die Marge der Swiss. Öffnet man deren Website, beginnt der erste Satz zur Flotte wie folgt: „Mit einer der modernsten Flugzeugflotten Europas…“.
Die Kolleg*innen fliegen unter anderem Airbus A220 und die sind im Schnitt noch keine acht Jahre alt. Sie fliegen fast so viele Boeing 777 wie Airbus 330-300 und jetzt kommen in großer Zahl neue Airbus A350. Jetzt, nicht irgendwann. Und zack, klappt das auch mit der Marge. Wer hat denn dort wann welche Entscheidung getroffen? Offenbar scheint es auch innerhalb des Konzerns möglich zu sein, keine Oldtimer zu fliegen. Und warum brauchen wir eigentlich das komplexeste, schwerste und herausforderndste Premium-Produkt ever? Zahl und Größe der Probleme, die Allegris bis jetzt verursacht hat, sind beinahe legendär. Man traut sich kaum zu überschlagen, wieviel Geld und Manpower diese Entscheidung bis heute verbrannt hat und es wird sackschwer, nur teillizenziert und verschüchtert zugedeckt auf unbestimmte Zeit auch noch tun. Ein Desaster ist das.
P43? Nahezu unbenutzbar. Dekorativer Glaspalast gegenüber? Prunkvoll und fast fertig. Was hat dieses Monument wohl gekostet? Wir fressen einen Besen, wenn da kein dreistelliger Millionenbetrag auf der Uhr steht. Und wie hat sich eigentlich die Vergütung des Vorstandes in den letzten Jahren entwickelt? Vielleicht machen wir uns demnächst die Mühe und rechnen das mal wirklich nach, um zu schauen, wieviel Turnaround sich wohl in deren Lohntüten finden lässt.
Versteht uns nicht falsch – wir haben gar nichts gegen gutes Geld für gute Arbeit und auch nichts gegen repräsentative Bauten. Ist schließlich unsere Lufthansa. Die soll ruhig etwas hermachen, auch wenn das was kostet. Aber Doppelstandards können wir nicht gut ab, vor allem dann nicht, wenn sie existenziell werden. Warum sagen wir das so dramatisch? Nun, Herr Beißel hat im CRA noch etwas gesagt. Auf die Frage, warum es Strecken gibt, die von zwei Airlines gleichzeitig bedient werden, antwortete er, das sei nur dann der Fall, „wenn die kostengünstigere Airline aufgrund ihrer verfügbaren Kapazitäten die Strecke noch nicht ausschließlich allein bedienen kann.“ Damit sagt er letztlich nichts anderes, als dass mittelfristig – sobald mit etwas mehr Zeit ausreichend Kapazitäten geschaffen wurden – alles Geschäft weggehen soll, das nicht aus zwingenden Gründen bei der Hansa bleiben muss.
Was heißt das für uns?
Wir glauben, wir können mit Einschnitten in die ohnehin heftig eingeschränkte Planbarkeit unserer Freizeit keine Flugzeuge und auch keine glitzernden Monumente finanzieren. Und wir glauben auch nicht, dass wir das sollten. Wir sollten weiter einen guten Job machen und die Kundenzufriedenheit für unseren Verantwortungsbereich auf konstant deutlich über 80 % halten, auch wenn rundherum mal wieder gar nichts funktioniert. So, wie wir das schon immer machen. Das war der Deal, das bleibt der Deal. Und damit wir das länger als ein, zwei Saisons machen können, brauchen wir – anders als vielleicht diese Eisdiele mit ständig wechselnden Minijobbern, die mancher womöglich im Kopf haben mag – vernünftige Arbeitsbedingungen, mit denen man das auch nachhaltig leisten kann.
Was wir außerdem brauchen, ist Absicherung. Das ist neu, aber es geht nicht anders. Hart wird das und euch und uns wird es Entschlossenheit abverlangen, denn die Hansa, die wir in letzter Zeit kennengelernt haben, ist eine, die Ansagen machen möchte und Folgsamkeit erwartet.
Urlaubsgrundsätze weg, basta! Mehr Service, weniger FBs, basta! Turnaround oder Tarifflucht, basta! Übrigens: Das lange kommunizierte und wirklich ambitionierte Margenziel von 8 % ist vor einigen Tagen nonchalant auf 8 bis 10 % angehoben worden. Friss oder stirb lautet das neue Motto. Aber wir werden nicht fressen. Und wir werden auch nicht sterben. Wir werden tun, was wir immer getan haben, wenn es hart auf hart kommt – wir werden kämpfen. Und wir werden damit erfolgreich sein.
Aktuell geben wir unseren MTV-Forderungen den letzten, insbesondere rechtlichen Schliff und melden uns zeitnah wieder bei euch.
Zum Schluss noch ein paar Neuigkeiten:
Was die Zusammensetzung eurer Lufthansa Tarifkommission angeht, gibt es ein Update für euch: Wir dürfen zwei neue Gesichter in unseren Reihen begrüßen. Katharina Welsch ist bereits früher im Jahr in die TK nachgerückt, als Mauro Marini in den UFO-Vorstand gewählt wurde. Ganz aktuell ist jetzt noch Manuel Braun in die TK nachgerückt, da Tristan Estel auf eigenen Wunsch hin sein Mandat niedergelegt hat. Wir freuen uns sehr über die beiden neuen TK‘ler und den frischen Wind sowie die Ideen, die beide mit ins Gremium bringen!
Auch unsere Tarifabteilung hat Verstärkung bekommen. Besonders erfreulich ist, dass wir Nina Coppik in unserem Team begrüßen dürfen. Auf eigenen Wunsch hat sie das Luftfahrt Bundesamt (LBA) verlassen, um sich künftig ganz dem zu widmen, was ihren ideellen Werten entspricht: für Arbeitnehmerrechte einstehen.
Schon beim LBA war sie als juristische Referentin für die Betreuung unserer Cockpitkolleg*innen, zuständig die aufgrund von Fluguntauglichkeit gegroundet waren und wird das jetzt neben der Tätigkeit bei UFO als Rechtsanwältin “auf der richtigen Seite”, eben der des fliegenden Personals, weiterführen.
Über Ninas Ausstieg aus dem LBA wurde in verschiedenen Medien bereits berichtet – und wer nachliest, merkt schnell: Sie hat dort sehr klare Worte gefunden. Für uns zählt vor allem, dass wir mit ihr eine engagierte Kollegin gewonnen haben, die unsere Arbeit mit großem Einsatz bereichern wird.
Ein letztes noch – wir können nervige Aufforderungen und laute Werbung eigentlich nicht ausstehen, aber redet bitte darüber. Sprecht eure Kolleg*innen an, sensibilisiert sie für das, was hier gerade passiert, sensibilisiert sie dafür, dass wir etwas tun müssen und sensibilisiert sie bitte auch dafür, wie wichtig es ist, Mitglied zu sein. Wir sind nur so stark, wie ihr uns macht. Ja, wir sind stark! Aber gerade kommt es wirklich auf jede und jeden Einzelnen an!
In diesem Sinne – stay united.
Eure UFO Lufthansa Tarifkommission
Nikolaus Moehren, Stefan Schwerthelm, Michele Benninger, Manuel Braun, Christina Dauster, Manuela Faber, Manuel Hegel, Lukas Kimmel und Katharina Welsch
mit Harry Jaeger (Leiter Tarifpolitik und UFO-Verhandlungsführer), Birgit Weinreich (stellv. UFO-Verhandlungsführerin) und Rachid Madmar (UFO-Syndikusrechtsanwalt und juristischer Berater der TK); Nina Coppik (juristische Beraterin der TK)
sowie Sara Grubisic als Mitglied des UFO-Vorstands für Tarifpolitik