Die Arbeitsplätze fliegen davon
Oder: Von der Flüchtigkeit von Bürgschaften
Als Gewerkschaft, die im nächsten Monat ihr 25jähriges Jubiläum feiert, leben wir von Anbeginn an in und mit einer globalisierten Airlinewelt. Ob ich von A nach B fliege oder von B nach A ist in vielen Fällen den Kunden egal, dem Betriebswirt natürlich nicht. So beobachten wir seit Mitte der 80iger die davonfliegenden Arbeitsplätze, insbesondere Spanien und Italien und die Türkei schienen geeignet, von dort aus unter Umgehung bestehender Regelungen nach Deutschland hinein zu fliegen. Lufthansa beschäftigt noch heute Flugbegleiter mit indischen und thailändischen Arbeitsverträgen, die nach Deutschland hinein und natürlich auch wieder hinausfliegen.
Das hat unseren Focus geschärft: Sicherung der Beschäftigung in diesem Land trat neben der Forderung nach mehr Gehalt stärker in den Vordergrund. Nur so und in der aktiven Begleitung der Oligopolisierung der Airlineindustrie, sowohl im Legacy-, Leisure- und Lowcostsegment, sehen wir uns in der Lage, auskömmliche Beschäftigung zu erhalten und im Lowcostsegment zu schaffen. Damit müssen wir auch den Beweis antreten, dass trotz der wettbewerbsverzerrenden Ryanairs und Norwegians dieser Welt, dieses am schnellsten wachsende Segment auch mit Arbeitsplätzen in dieser Republik zu besetzen ist. Damit diese Jobs nicht weiter davonfliegen. Germania braucht kein Bulgarian Eagle!
Vor diesem Hintergrund haben wir auch vor Jahren den geplanten Zusammenschluss von Condor, Hapag Lloyd und airberlin unterstützt, der letztlich am zu großen Ego der Hunolds und Middelhoffs gescheitert ist.
Mit dem gleichen Blick beobachten wir seit einigen Jahren mit Sorge die Geschichte der airberlin. Das Platzhirschgehabe der LH und die fehlende Bündnisoption, aber auch aus unserer Praktikersicht die überkomplexen Strukturen in der OPS der airberlin, machen uns zunehmend Sorgen. Nicht nur uns: Die schwierige Einflussnahme der Etihad ist hinlänglich beschrieben, ebenso wie die Neuorientierung mit der Dreiteilung und dem Scheitern mit Tuifly - auch dank den journalistischen Experten wie Flottau und co. und gegebenenfalls im Hintergrund auch unter Zutun von Carsten Spohr.
Wir als UFO/IGL werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen um auszuloten, ob es für die airberlin Kollegen eine Zukunft im LH Konzern geben kann. In der Tarifpolitik, in der Politik, in der Öffentlichkeit.
Insofern war das Interview unseres Tarifvorstandes Nicoley Baublies in der Rheinischen Post der „Eye-Opener“ zum richtigen Zeitpunkt – wenngleich die Headline, die UFO sei gegen Hilfen für airberlin, eben eine Headline und keine Hilfe war. Wenn wir warten wollten, bis der Gang zum Insolvenzrichter absehbar ist, wird es für unsere Kollegen in der Kabine und im Rest des Unternehmens schmerzhaft, sehr schmerzhaft.
Bürgschaftsanfragen statt Verhandlungen über einen Übergang befördern die Gefahr einer Insolvenz. Daher ist die Diskussion um die Bürgschaft eine Nebelkerze, die den Blick auf die Zukunftsoption verstellt. Die Lufthansa und die Politik müssen der airberlin/LGW/aeronautics und vor allem den Arbeitnehmern eine Perspektive geben, denn Platz in der Republik gibt es, noch hat die airberlin Kunden.
Aber sie braucht Unterstützung und Perspektive: Der beste Verkaufsmanager, den die LH womöglich je hatte, Thomas Winkelmann ist jetzt gefordert, für die Mitarbeiter einen Platz in der deutschen Airlineindustrie mit LH, Etihad und der Politik auszuhandeln. Dann, und nur dann, wenn ein Weg beschrieben ist, machen Bürgschaften womöglich Sinn.