Lufthansa-Vorstand gefährdet Agenda-Kabine
Streiks nicht mehr auszuschließen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
den Inhalt des nachfolgenden Textes haben wir soeben an die Mitglieder des Lufthansa-Konzernvorstandes geschickt. Wir werden Euch umgehend über weitere Neuigkeiten zu diesem Thema auf dem Laufenden halten.
Viele Grüße
Eure UFO
Der LH-Konzernvorstand hatte die Sozialpartner im Februar dieses Jahres zu einem Bündnis für Wachstum und Beschäftigung aufgerufen und die Gewerkschaften aufgefordert, ihre Vorstellungen für ein Wachstumszenario vorzulegen. UFO hatte umgehend, bereits im März, ein ausführliches Papier mit sehr konkreten Ideen und Maßnahmen dazu präsentiert. Außerdem hat UFO mit Lufthansa schon im September 2014 umfassende Vereinbarungen geschlossen, die dem Konzern und insbesondere der Passage Flexibilität und eine Senkung der Stückkosten ermöglichen (JUMP! mit 20% geringeren Personalkosten, Umstellung der betrieblichen Alters- und Übergangsversorgung von einer Leistungs- hin zu einer Beitragszusage, Zusage zu Lowcost-Benchmark bei „WINGS" und vieles mehr).
Der Lufthansa-Vorstand hat bisher keinerlei Gespräche zu diesem Thema ermöglicht. Aber nicht nur das: Mitten in der Schlichtung zur betrieblichen Alters- und Übergangsversorgung des Kabinenpersonals und während die UFO sich weiterhin im Prozess der Agenda-Kabine friedlich um Gesamtlösungen bemüht, hat der Konzernvorstand diese Bemühungen nun „nebenbei" mittelbar aufgekündigt. Den wartenden Nachwuchspiloten wurde auf einer Lufthansa-Veranstaltung in Seeheim mitgeteilt, dass es im sogenannten KTV-Bereich zu keinen weiteren Einstellungen kommen wird. Wenn durch Fluktuation und/oder das mit JUMP! vereinbarte Wachstum eigentlich Piloten in diesem KTV-Bereich gebraucht werden (gilt für Lufthansa-Classic, Germanwings, Cargo) muss also Flugprogramm herausgenommen und letztlich Flugzeuge ausgelagert werden. Das ist nichts anderes als Schrumpfung mit Ansage und zwar nicht auf Grund von wirtschaftlichen Entscheidungen, Strecken nicht mehr zu bedienen, sondern aus Gründen der Tarifflucht. Diese Vorgehensweise hat sich am vergangenen Wochenende mit der Ankündigung, neue Flugzeuge bei Eurowings nur noch in Österreich zu stationieren manifestiert. Die Kabinenmitarbeiter des Konzerns sind damit, trotz eigenständiger Lösungsfähigkeit endgültig zu einer Geisel der Auseinandersetzung zwischen LH und VC geworden.
UFO hat Lufthansa bereits mehrfach aufgefordert, in Gespräche zum Thema Bündnis für Wachstum und Beschäftigung einzutreten. Nach den Ereignissen der letzten Tage wird diese Aufforderung umso dringlicher. Wir fordern den Lufthansa-Vorstand hiermit auf, sich dazu in den kommenden Tagen eindeutig zu positionieren. Dabei gilt es auch folgende Punkte zu klären, um die Schlichtung und die Verhandlungen zur Agenda-Kabine realistisch weiterführen zu können:
1. Entkoppelung der Kabinenbeschäftigung vom KTV Cockpit und von der internen Verlagerung von Flugzeugen zwischen verschiedenen Konzerngesellschaften
2. eine faire und transparente Perspektive mit realistischen und umsetzbaren Regelungen zur Zukunftssicherung und Entwicklung der Kabinenarbeitsplätze im Lufthansa-Konzern
Wir lassen die materielle Ausgestaltung dieser Punkte bewusst offen und sind bereit, zusammen mit dem LH-Vorstand nach Lösungen zu suchen. Die Werkzeuge und Themen liegen auf dem Tisch. Es gilt jetzt schnell und ernsthaft die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Die tarifliche Ausgestaltung der Lösungen kann gelingen, wenn beide Seiten aufrichtig mit der Tarifpartnerschaft umgehen und mit dem jüngst öffentlich bekundeten Willen der gemeinsamen Verantwortlichkeit an die Sache herangehen.
Wir stehen kurzfristig für jede Form der Klärung zur Verfügung. Ein Spitzengespräch zwischen UFO und dem Konzernvorstand mit ausreichend zeitlichem und inhaltlichem Spielraum in den kommenden Tagen, kann eine weitere Eskalation aufhalten.
Die Kabinenmitarbeiter im Konzern sind zurecht tief enttäuscht und frustriert. So kurz nach der beschworenen neuen Gemeinsamkeit im Zusammenhang mit dem schlimmen Unglück bei Germanwings sehen wir uns nun einer rücksichtslosen Vorgehensweise ausgesetzt. Das Lufthansa-Management schafft einseitig ohne Einbeziehung der Sozialpartner Fakten, welche zukünftiges Wachstum in der Lufthansa-Gruppe in Deutschland verhindern bzw. sogar einen Schrumpfungsprozess einleitet und damit unmittelbar und mittelbar einen negativen Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse des Kabinenpersonals haben. Gepaart wird dies mit einer völlig unzureichenden Kommunikation, deren einziges Ziel offenbar darin besteht, weiter Angst zu schüren.
Wir werden diesen Wortbruch nicht hinnehmen. Das Ausspielen von verschiedenen Plattformen, aber vor allem die Verhaftung der Kabine in die nicht gelöste Situation zwischen Lufthansa und der VC ist weder fair, noch erforderlich. Die Kabine hat eigene Lösungen angeboten und in großen Teilen bereits gefunden. Wir wünschen uns ausdrücklich eine Gesamtlösung mit den Piloten – ein solcher Weg erfordert aber die Akzeptanz aller Beteiligten, was im Moment nicht der Fall ist. Was wir nicht akzeptieren, ist, zum Kollateralschaden des Prozesses zwischen Lufthansa und VC zu werden.
Wir werden ein ganz besonderes Augenmerk darauf haben, nicht in die Schusslinie zu geraten.
Noch stehen wir für weitere, der gestiegenen Veränderungsgeschwindigkeit und Volatilität der Branche Rechnung tragende Lösungen zur Verfügung, die den Kabinenmitarbeitern transparente und angemessene Perspektiven verschaffen. Wenn wir in den nächsten Tagen hierzu keine vertrauensvollen Prozesse finden, bringt der Lufthansa-Vorstand die bisherige Vorgehensweise der UFO, einen friedlichen, inhaltlich konstruktiven Weg des Konzernumbaus zu suchen, zu einem abrupten Ende. Die UFO sieht sich dann gezwungen für die tarifliche Absicherung der Zukunft ihrer Mitglieder alle verfügbaren Mittel einzusetzen. Wenn friedliche Instrumente nicht zu einem Ergebnis führen, müssen wir die bekannten Mechanismen in Gang setzen. Das ist nicht unsere erste Wahl - das haben wir in den fast eineinhalb jährigen ernsthaft geführten Verhandlungen gerade bewiesen. Aber es ist nicht einmal mehr 5 vor Zwölf, um Arbeitskämpfe auch weiterhin gesichert auszuschließen. Es ist bereits 12 Uhr, lieber LH-Vorstand. Wir appellieren dringend an den Konzernvorstand, unsere einmal mehr ausgestreckte Hand nicht wiederholt auszuschlagen, um kurzfristige und konkrete Arbeitskampfmaßnahmen zu verhindern.
Die Verantwortlichen der Gewerkschaft für das Kabinenpersonal Deutschland UFO e.V.
Für Anfragen der Presse:
Nicoley Baublies - 0172 / 67 19 654