Tarifflucht auf Staatskosten – Mitarbeiter der Branche wehren sich
gegen Lufthansas Ferienflieger „Ocean“
Vor rund vier Monaten erhielt der Lufthansa-Konzern aufgrund der Corona-Krise neun Milliarden Euro Staatshilfe. Im Zuge der Krise will der Konzern tausende Arbeitsplätze abbauen, schreibt jedoch gleichzeitig untarifierte Arbeitsplätze zu Dumping-Bedingungen beim Projekt “Ocean” aus. Gegen dieses Vorgehen wehren sich die Mitarbeiter der gesamten Branche und kritisieren das Vorhaben massiv gegenüber der Bundesregierung.
In einem offenen Brief fordern die 14 Personalvertretungen und Betriebsräte branchenübergreifend, das beispiellose Vorgehen des Konzerns zur Not durch politische Intervention zu stoppen. Die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit, ver.di und UFO unterstützen diese Forderung und sehen die Bundesregierung in der Pflicht, Sorge für einen angemessenen Umgang mit Steuergeldern zu tragen.
„Im Windschatten der Krise versucht der Konzern sein lang gehegtes Projekt ‘Ocean’ durchzuziehen, um in einem wiederholten Anlauf Arbeitsplätze ohne Einfluss von Gewerkschaften aufzubauen und sich erfolgreicher Konkurrenz in diesem Sektor zu entledigen. Diesmal jedoch auf Staatskosten, denn ohne das Geld der Steuerzahler wäre das Unternehmen pleite; damit nun einerseits Tausende rauszuwerfen, um andererseits zu 1.400 € brutto wieder einzustellen, ist unverfroren und unanständig“, erklärt Daniel Flohr, UFO-Vorsitzender.
Auch die Unternehmen TUI und Condor haben Staatsgeld in der Krise erhalten. Lufthansas Projekt „Ocean“ geht in Verdrängungswettbewerb zu diesen Unternehmen – ein Vernichtungskampf auf Staatskosten ist damit vorprogrammiert.
„Hier zeigt sich die Ausnutzbarkeit der Staatsdeals, die keinerlei Auflagen zum Arbeitnehmerschutz enthalten. Den Gewerkschaften waren die Pläne zum Arbeitsplatzumbau lange bekannt, unsere Forderungen zum Schutz der Mitarbeiter blieben in Berlin jedoch folgenlos. Die Zeche zahlen am Ende Steuerzahler und Mitarbeiter, wenn die Politik hier nicht einschreitet“, so Flohr weiter.
Nicht nur das Vorgehen an sich, sondern auch der Zeitpunkt wird von den Arbeitnehmervertretern stark kritisiert. Lufthansa hatte sich vor Jahren aus dem Feriengeschäft zurückgezogen und verfügt nicht mehr über Strukturen für diesen Markt.
„Wie bei jedem Markteintritt plant der LH-Konzern für die nächsten Jahre hohe Verluste beim Projekt ‘Ocean’. Es wird also nicht nur Tarifflucht auf Steuerkosten betrieben. Bei dem Versuch wird bewusst Staatsgeld in einem Umfeld verbrannt, das aufgrund der Krise nichts mehr mit normaler Marktwirtschaft zu tun hat“, erklärt Nicoley Baublies, Mitglied der UFO-Geschäftsführung, abschließend.