TV-Teilzeit / TVPV
Eine schwere Geburt
TV-Teilzeit / TVPV
Eine schwere Geburt
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zur Erinnerung: Im Eckpunktepapier vom 08.09.2017, also vor deutlich über einem Jahr, hatten wir gemeinsam mit der Arbeitgeberseite Ergebnisse unter anderem zu den Themenbereichen Personalvertretung und Teilzeit festgehalten. Vorgesehen war, hierfür bis spätestens 31.03.2018 endredaktionelle Tarifvertragsexemplare vorliegen zu haben. Das hat bekanntermaßen nicht funktioniert, weil sich die Arbeitgeberseite beharrlich geweigert hat, die Themen mit uns unter Berücksichtigung bereits vereinbarter Zwischenstände zu finalisieren. Daher mussten wir – auch das dürfte bekannt sein - entsprechend der Vereinbarung im Eckpunktepapier eine sog. Schiedsstelle anrufen. Auch hier wurden immer wieder längst geklärte Punkte unvermittelt in Frage gestellt. Dank dieser Verzögerungstaktik war dann auch die Schiedsstelle nicht wie vereinbart am 30.06.2018 beendet. Jetzt dürfen wir allerdings verkünden: Habemus Schiedsstelle!
Vergangene Woche hat der Schiedsstellenvorsitzende eine Entscheidung zu den Themen TV Personalvertretung, TV Teilzeit und außerdem, unabhängig vom Eckpunktepapier, zum TV Wechsel gefällt. Die Inhalte möchten wir Euch kurz skizzieren.
1. Tarifvertrag Personalvertretung (gilt für EW und GWI)
Zukünftig gibt es sowohl bei EW D als auch bei GWI einen neuen TV PV. Inhaltlich entspricht dieser im Wesentlichen dem Betriebsverfassungsgesetz, was eine deutliche Verbesserung der bisherigen Situation darstellt. Nur an Stellen, an denen die Besonderheiten des Flugbetriebs andere Lösungen als im BetrVG sinnvoll oder nötig machen, hat die Schiedsstelle abweichende Regelungen festgeschrieben.
Deutlich verbessert wurde vor allem die Mitbestimmung bei der Festlegung der Planungsregeln. Außerdem hängt die Anzahl der zu wählenden Personalvertreter zukünftig von der Anzahl der Kabinenbeschäftigten ab. Dabei gelten dieselben Auslösewerte wie im Betriebsverfassungsgesetz. Dass das die Erreichbarkeit und die Betreuungsmöglichkeiten spürbar verbessert, liegt auf der Hand. Außerdem gibt es zukünftig die Möglichkeit von Vertragsstrafen bei Verstößen des Arbeitgebers gegen gesetzliche Bestimmungen.
Im Ergebnis ist der neue TV PV ein Fortschritt im Sinne der Kabine.
2. TV-Teilzeit (gilt für EW und GWI)
Die Regelungen im TV-Teilzeit ermöglichen es nun allen Kolleginnen und Kollegen, jederzeit untermonatige Teilzeit zu beantragen. Diese muss der Arbeitgeber grundsätzlich innerhalb von drei Monaten genehmigen. Lässt sich die Teilzeit betrieblich gar nicht darstellen, dann darf er sich mit der Genehmigung bis zu sechs Monaten Zeit lassen. Dann allerdings ist Schluss mit Aufschub. Und genehmigt werden muss in jedem Falle.
Der neue TV TZ stellt eine Vielzahl an Modellen zur Verfügung, wie z.B. verblockte (im Voraus festgelegte) untermonatige Teilzeit. Auch diese muss, wie die untermonatige Teilzeit, in jedem Fall vergeben werden. Voraussetzung ist das Vorliegen korrespondierender Anträge, die sich gemeinsam zu einer 100% Stelle ergänzen (z.B. jeweils ein Antrag für je eine Woche, bzw. jede Monatshälfte).
Nach der TZ-Vergabe werden überschüssige Kontingente stationsübergreifend im Bundesgebiet verteilt, was dazu führen kann, dass vorerst abgelehnte Teilzeitanträge doch gewährt werden müssen. Die überschüssigen Kontingente werden anteilig je nach Stationsgröße verteilt.
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Anzahl der Modelle und damit die Möglichkeit, dass jeder eine zu seinem Lebensentwurf passende Teilzeit findet, sich grundsätzlich verbessert hat. Das hilft allerdings nur dann, wenn tatsächlich eine realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass für jedes Modell eine gewisse Kapazität zur Verfügung steht, und zwar auch im Sommer.
Und genau hier liegt der Haken. Der Schiedsstellenvorsitzende hat nämlich einen Passus der Geschäftsleitung akzeptiert, der zu Verschlechterungen bei den Vergabekapazitäten im Vergleich zu den bisher bei EW und GWI zur Anwendung kommenden Regelungen führt.
Während der TV PV also eher in unserem Sinne entschieden wurde, sieht das beim Thema Teilzeit, zumindest was die Vergabe angeht anders aus. Dies ist aber insofern nicht tragisch, als der Schiedsstellenvorsitzende den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von nur 3 Monaten zum Monatsende versehen hat. Hier können die Tarifkommissionen ggf. umgehend eine Kündigung beschließen und wir können diese Punkte bereits zur nächsten Vergabe neu verhandeln. Hiervon zeitnah Gebrauch zu machen ist eine Option, die wir ernsthaft in Erwägung ziehen.
3. Wechselmöglichkeit von GWI zu EW im Zusammenhang mit dem IASP von 2015 (nur GWI)
Mit der Etablierung einer Wechselmöglichkeit von GWI zu EW D wurde endlich die Verhandlungsverpflichtung aus dem Jahr 2015, die im Zusammenhang mit dem Abschluss des IASP vereinbart wurde, erfüllt. Auch das ein Thema, das längst in trockenen Tüchern sein müsste. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte hierzu eine Lösung bis zum 30.06.2016 vorliegen. Aber auch hier hat sich der Arbeitgeber stets sperrig gezeigt.
Deshalb musste auch bei diesem Thema eine Lösung in der Schiedsstelle gefunden werden. Die Vereinbarung hat allerdings einen begrenzten Anwendungsbereich. Sie gilt für dasselbe Szenario wie der IA/SP und somit für alle Kabinenmitarbeiter der GWI, die in den Geltungsbereich des IASP zum Flottenabbau fallen.
Sie haben bei einem, aus der im Interessenausgleich vom 19.12.2015 beschriebenen Neuausrichtung resultierendem Wegfall ihres Arbeitsplatzes bei GWI und unter der Voraussetzung eines stations- und funktionsbezogenen Bedarfs an Kabinenpersonal bei der EW die Möglichkeit, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zur EW zu wechseln.
Die MTV-Bedingungen bleiben dabei erhalten. Es erfolgt eine Eingruppierung in die Vergütungssystematik der EW D. Nachteile werden dabei durch monatliche Ausgleichszahlungen in unterschiedlicher Höhe, die abhängig von der Eingruppierung zum Zeitpunkt des Wechsels ist, über einen Zeitraum von 2 Jahren ausgeglichen.
Die Wechselregelungen kommen damit nur bei einer Stationsredimensionierung oder -schließung der GWI aus dem oben beschrieben Anlass zur Anwendung.
Für Fälle von Stationsschließungen, die aus anderem Anlass als dem im IASP vom 19.12.2015 beschriebenen erfolgen, gelten die vorstehenden Regelungen nicht, da sich die Verhandlungsverpflichtung hierauf nicht erstreckt hat. Hierfür sind eigene Regelungen erforderlich. Wir haben den Arbeitgeber bereits aufgefordert, hierzu mit uns Verhandlungen aufzunehmen.
Damit ist die Schiedsstelle zu den vorgenannten Themen beendet. Diese müssen nun umgesetzt werden.
Auch abseits der Schiedsstelle lief es in allen Airlines, die unter EW-Flagge unterwegs sind, an sehr vielen Stellen alles andere als rund. Von Seiten der Firma wurde dabei stets versucht, die Probleme mit dem Totschlagargument “Wachstumsschmerzen” kleinzureden. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Wir haben vielmehr die Erfahrung gemacht, dass die Probleme an ganz vielen Stellen auf dem schlichten Unwillen der Geschäftsleitung beruhen, auch nur einen Euro mehr auszugeben, als zwingend erforderlich. Der Sparwahn treibt dabei teilweise geradezu absurde Blüten....
Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie das lief. Direkt nach dem Tarifergebnis letztes Jahr gab es Anschlusstermine, um die Lösungen, die üblicherweise in Eckpunktepapieren fixiert werden, auszugestalten, redaktionell in Verträge zu fassen aber vor allem auch umzusetzen. Während Eurowings wahnsinnig schnell war, für die Themen, die ihnen wichtig sind, Abläufe und Umsetzung, gerne auch einseitig, festzulegen, gibt es mehr als ein Jahr nach Abschluss für ganz viele Verbesserungen immer noch keine klar umsetzbaren Lösungen. Das Volumen für die Altersversorgung steht zwar fest und wird auch rückwirkend bezahlt, aber wie und wo das passiert, ist immer noch nicht abschließend geklärt. Die Förderung der Ausbildung, die viele von Euch längst angefangen haben, ist zwar fest vereinbart, aber keiner weiß, wie diese Ansprüche beantragt und gewährt werden können. Das sind nur 2 Beispiele von vielen. Mit der Umsetzung des MTV fangen wir lieber gar nicht erst an, sonst schreiben wir uns und Euch in Rage.
Es ist ja nicht unüblich, dass die redaktionelle Bearbeitung und Umsetzung eines Tarifergebnisses nochmal ein paar Monate in Anspruch nimmt, aber das was hier passiert, spottet jeder Beschreibung. Es tröstet dabei auch nicht, dass sich die große Mutter LH mit der Umsetzung der Platzeck-Schlichtung genauso unmöglich verhält.
Immer wenn wir in den letzten Monaten dachten, wir biegen endlich auf die Zielgerade ein, wurden wieder Termine verschoben, abgesagt, es kamen nicht die richtigen Leute, um in den Themen Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Dann hatten wir Lösungen erarbeitet, die im nächsten Termin wieder in Frage gestellt wurden. Wir hatten dann irgendwann die Faxen dicke und haben den Vorsitzenden der Einigungsstelle gebeten, im Rahmen eines Spruches festzulegen, wie die finale Umsetzung aussehen soll. Das hat dann auch nochmal sehr lange gedauert. Als dann endlich ein Vorschlag vorlag, ging das gleiche Spiel von vorne los. “Können wir nicht hier noch was anders machen? Dieses wollen wir nicht, über jenes wollen wir jetzt aber doch noch mal reden, wir brauchen nochmal einen Termin” …. Wir könnten die Liste endlos fortsetzen.
Am Ende bleibt ein großer Frust. Auf der Strecke, weil die Verbesserungen aus dem letzten Abschluss nicht oder nur teilweise bei Euch ankommen. Bei uns, weil die vielbeschworene Sozialpartnerschaft seitens des Arbeitgebers scheinbar nur noch eine leere Worthülse ist, die immer dann aus der Mottenkiste geholt wird, wenn man unsere Hilfe braucht und dann aber auch schnell wieder eingepackt gehört.
Für uns bleibt die Erkenntnis, dass man zurzeit und mit den derzeit handelnden Personen nur noch Vereinbarungen treffen kann, wenn alle Details und die Umsetzungsfragen abschließend geklärt sind.
Wir werden jetzt als nächstes den VTV und MTV (inklusive Requestregelung) finalisieren und alles in unserer Macht Stehende dafür tun, dass sich das oben Beschriebene hier nicht weiter fortsetzt. Eure und unsere Geduld ist bereits deutlich überstrapaziert!
Auch für die Zukunft müssen wir weiterhin daran arbeiten, dass dieser Flickenteppich der EW Betriebe tariflich einheitlich betrachtet wird. Die ersten Grundsteine dafür sind bereits gelegt, aber es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns, um hier die Flexibilitäts- und Konkurrenzfantasien des Managements einzudämmen. Dafür brauchen wir Eure Unterstützung. Informiert uns bitte auch weiterhin über die Themen, die Euch bewegen. Wenn Ihr Interesse habt, mitzugestalten, meldet Euch bei uns oder unterstützt unsere Arbeit durch Eure Mitgliedschaft.
Wir wünschen Euch jetzt erstmal eine schöne Vorweihnachtszeit und schöne Feiertage im Kreise Eurer Lieben, damit wir im neuen Jahr mit voller Kraft voraus die anstehenden Herausforderungen meistern können.
Eure UFO