UFO-Sicht auf die aktuelle Lage der EW-Group
Was war, was ist und was könnte werden?
UFO-Sicht auf die aktuelle Lage der EW-Group
Was war, was ist und was könnte werden?
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
jeder sieht es, jeder fühlt es – in der Fliegerei steht kein Stein mehr auf dem anderen. Weltweit und zwar egal wie unverwundbar die jeweilige Airline schien. Beispiele lassen wir weg – Ihr kennt sie. Dass es auch den Lufthansakonzern mit voller Wucht erwischt hat, habt Ihr ebenfalls alle mitbekommen. Auch hier ersparen wir Euch die Wiederholung von Details.
Zwischenzeitlich hatten wir bereits erste Termine mit dem Arbeitgeber und versuchen verloren gegangene Zeit wieder aufzuholen. Zu diesen laufenden Verhandlungen werden wir Euch separat informieren. Heute und mit diesem längeren Newsletter möchten wir Euch unser Bild der Gesamtlage der EW geben. Ihr sollt wissen wo wir stehen, was wir vorhaben und warum.
Chancen in der Krise
Der Druck ist erwartungsgemäß in der Eurowings angekommen und der Arbeitgeber fordert auch von Euch einen Krisenbeitrag. Allerdings nicht verbunden mit angedrohter Reduktion oder gar Schließung, sondern – und das ist im gesamten Konzern einmalig – verbunden mit Wachstumsaussichten. Durch die seit Jahren geplante Fusion von Eurowings und Germanwings, die der Konzern nun – trotz 9.000.000.0000,00 Euro Staatshilfe zuzüglich Kurzarbeitergeld – nicht „sanft“ und einvernehmlich, sondern mit der Brechstange durchziehen möchte, soll Eurowings voraussichtlich um deutlich über 50 % wachsen! Nach unseren Informationen plant der Konzern Eurowings einschließlich EWEU Stand heute bereits für nächstes Jahr mit 80 AC in der Luft. 2023 sollen es gar 90 sein, zuzüglich zweistelligen Wetleases für die Saisonalitätsspitzen.
Während rundherum die halbe Welt in Trümmern liegt, traut man es sich kaum auszusprechen, aber das könnten ziemlich großartige Neuigkeiten sein. Über fünfzigprozentiges Wachstum hieße mehr Flugzeuge, mehr Ziele, mehr Basen. Und, auch das ist ein sehr wichtiger Aspekt: Je größer etwas ist, umso schwerer lässt es sich herumschubsen!
Wo ist der Haken?
1. „zweite Welle“
Natürlich steht das unter Vorbehalt. Der erste Vorbehalt ist offensichtlich. Wenn es eine „zweite Welle“ geben sollte, dann könnte diese – je nach Dauer und Schwere – sämtliche Pläne zu Makulatur machen. Die Wahrheit ist allerdings auch, dass eine wirklich heftige zweite Welle wohl alle Pläne aller Airlines schlicht und einfach zunichtemachen würde.
2. Wachstum ja, aber wo genau?
Der zweite Vorbehalt ist schon weniger offensichtlich. Was heißt eigentlich „Eurowings“? Oder anders gefragt: Wird dieses Wachstum auf jeden Fall in der Eurowings Deutschland GmbH stattfinden? Die EWEU ist auch „Eurowings“, auch wenn die Base in Pristina ist! Wichtig in diesem Zusammenhang ist Folgendes:
Dr. Detlef Kayser, ehemaliger hochrangiger Unternehmensberater und jetziger Konzernvorstand u. a. für „Airline Resources“, sagte kürzlich, er wolle die EWEU zu einer „frei skalierbaren Plattform“ ausbauen. Das heißt nichts anderes als: „Wir brauchen es noch viel billiger als Eurowings und das gern möglichst groß.“
Ebenfalls hellhörig sollten wir werden, wenn wir hören, dass
mit „Ocean“ bereits die Grundlage für eine ganz neue Plattform im Konzern geschaffen wurde, um touristische Verkehre für den schmalen und mittelgroßen Geldbeutel in einem brandneuen – das heißt u.a. noch nicht tarifierten – AOC zu bedienen. Vermuten müssen wir eine gebündelte Betriebserlaubnis und damit sehr viel "Flexibilität” bei der Handhabung des Personals.
Können wir ausschließen, dass „Ocean“ in dem Wachstumsszenario eine Rolle spielen wird? Nein, natürlich nicht. Noch untarifierte touristische Verkehre unterhalb der Lufthansa Passage – das klingt in den Ohren der Entscheider vermutlich sehr interessant. Und selbst wenn wir heute in Köln, Frankfurt und Mörfelden-Walldorf alle gemeinsam davon ausgehen, dass es die EWG sein wird, stimmt das auch morgen noch?
3. Das Management wird immer unberechenbarer!
Damit sind wir beim dritten Vorbehalt. Das ist der komplizierteste. Die Konzernlenker sind in ihren Entscheidungen schon lange ziemlich unberechenbar. Wer beim Wort “Steckerleiste” noch nicht ahnt, was gemeint sein könnte, für den hätten wir hier noch zwei Beispiele:
- Die LGW wurde 2018 vom Konzern gekauft, dann sollten dort 15 Airbusse eingeflottet werden und als man das Personal für 13 zusammenrekrutiert hatte, mochte man die Idee doch nicht mehr. Die LGW wurde stattdessen verkauft (mit wahnsinnigem Personalüberhang, aber ohne Airbusse) und flog im Wetlease für EW. Jetzt ist sie insolvent. Das alles hat sich innerhalb von gut zwei Jahren abgespielt.
- Den deutschen Teil der EWEU wollte man erst groß machen, dann in die EW integrieren, dann doch lieber in die GWI und dann abwickeln. Jetzt fliegen sie wieder ex MUC.
Diese Liste ließe sich problemlos fortführen und diese Form der Nervosität war damals. Bis vor wenigen Monaten, als der Gewinn der Lufthansa Group noch ganz selbstverständlich in Milliarden gerechnet wurde. Die neue Nervosität ist eine andere. Noch deutlich unberechenbarer und mit viel mehr Druck im System. Jetzt werden Verlust und Kredit ganz selbstverständlich in Milliarden gerechnet und ein alter Milliardär hat sich in den Kopf gesetzt, den Konzern „grundlegend zu reformieren“. Das „Reform“ in diesem Zusammenhang praktisch immer ein anderes Wort für „sozialer Kahlschlag“ ist, weiß auch jeder von Euch.
In einem ohnehin unberechenbaren und nervösen System, das von sehr geringer Nachfrage, Kreditgebern und einem nicht als zimperlich bekannten Großaktionär unter hohen Druck gesetzt wird, ist es nicht unwahrscheinlich, dass etwa das Wachstum der Eurowings nicht in der EWD stattfindet, sondern in der EWEU. Und wenn das funktioniert, dann steht auch einem weiteren Wachstum der EWEU auf Kosten der EWD nichts mehr im Wege. Genau das heißt nämlich „frei skalierbare Plattform“. Kann man aufblasen oder schrumpfen, wie man will. Die Dienstälteren kennen genau dieses Spiel noch zwischen Germanwings und Eurowings. Es ist noch nicht sehr lange her, da flog die EW im Auftrag der GWI, während letztere 60 AC in Betrieb hatte. Dann wurde erst EW Lead-AOC, dann wurde die GWI geschrumpft, dann weiter geschrumpft und demnächst wird sie geschlossen. Warum? Nun, unter anderem hatte die GWI bis zuletzt bessere Tarifverträge in Cockpit und Kabine und war entsprechend teurer. Die EWD ist, das wisst Ihr alle, deutlich teurer in Cockpit und Kabine, als es die EWEU ist.
Was also tun?
Gegen dieses Spiel würden wir mit Freude eine Mauer hochziehen. Sehr hoch, sehr dick – wenn es denn helfen würde. Betroffen sind in den „Großszenarien“ aber immer verschiedene Betriebe und potentiell sogar alle. Manchmal sogar die, die es gestern noch gar nicht gab, siehe Ocean. Und alle Erfahrung zeigt: Gibt es eine Mauer, dann baut man die Stadt eben außerhalb dieser Mauern weiter und lässt den eingemauerten Kern austrocknen. Das heißt „Reformen“ und „frei skalierbare Plattform“ in der Realität.
Daher kämpfen wir seit Jahren für möglichst einheitliche Tarifbedingungen im Konzern, daher tragen wir „united we stand“ so penetrant vor uns her. Wenn die Kabine sich konzernübergreifend – denn die großen Fragen werden IMMER im Konzern entschieden – nicht gegeneinander ausspielen lässt und die Bedingungen möglichst einheitlich sind, dann ist das nämlich alles auch nur noch halb so gefährlich.
In einigen der Betriebe ist UFO die allein tarifierende Gewerkschaft. In anderen sind es UFO und ver.di einvernehmlich. In der EWG allerdings ist das Verhältnis UFO und ver.di erkennbar nicht das beste und auch die Mehrheitsverhältnisse sind im Konzern einmalig. Da es aber um viele Betriebe geht, kann keine Gewerkschaft alleine das Beste rausholen. Das funktioniert nur, wenn wir uns zusammenreißen und gemeinsame, rechtssichere und gute Lösungen finden.
Wir glauben, dass jetzt die Zeit ist, Vorbehalte außen vor zu lassen und Schärfe aus dem Ton zu nehmen. Dann können wir es richtig machen; und dann seid Ihr alle dabei und könnt es den Ryanairs und Laudamotions dieser Welt – und damit auch unserem Management – zeigen, dass man mit loyalen und anständig tarifierten Mitarbeitern mehr erreicht als mit Ausbeutung.
Lasst uns dieses Spiel nicht mehr mitspielen. Lasst uns Geschichte nicht nochmal und nochmal wiederholen. Lasst uns stattdessen gemeinsam unsere Eurowings groß machen und das Wachstum nach Hause holen. Too big to fail – das ist die bessere Mauer. Wenn es dann noch überall ähnlich schön ist, dann braucht es nicht mal mehr das. Beides geht nur mit der Kabinengewerkschaft im Konzern.
Herzlich
Eure UFO