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Gesundheit

Das neue Polizeiaufgabengesetz:

Gefahr für meine ZUP?

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Das neue Polizeiaufgabengesetz:

Gefahr für meine ZUP?

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16.10.2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

Bayern hat zum 28. Mai 2018 ein neues Polizeiaufgabengesetz verabschiedet, weitere Bundesländer werden dem bayerischen Vorbild folgen. Befürworterinnen und Befürworter des neuen Gesetzes begründen dies mit besserer Terrorismus- und Verbrechensprävention, Kritikerinnen und Kritiker gehen die zukünftig erweiterten Befugnisse der Polizei zu weit.  

Was steckt dahinter und wieso muss uns das als Flugpersonal interessieren? Eure AG Gesundheit der UFO hat das Thema für Euch aufgegriffen. 

 

„Drohende Gefahr“ – ein auslegbarer Begriff 

Problematisch ist insbesondere die neue Bezeichnung der „drohenden Gefahr“ im bayerischen Polizeiaufgabengesetz. Bislang ist in der polizeilichen Gefahrenabwehr der Begriff der „abstrakten Gefahr“ sowie der „konkreten Gefahr“ Maßstab für den Eingriff in die individuellen Freiheitsrechte. „Konkrete Gefahr“ bezeichnet hierbei, “dass damit zu rechnen ist, dass ein bestimmter Schaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit eintreten wird“. Allein das Vorliegen einer „konkreten Gefahr“ rechtfertigt Grundrechtseingriffe durch polizeiliche Maßnahmen (Bsp.: alkoholisierter Autofahrer bei Trunkenheitsfahrt). Eine „abstrakte Gefahr“ liegt dann vor, wenn sich aus einer Situation eine „konkrete Gefahr“ ergeben kann (Bsp.: alkoholisierter Autofahrer vor Antritt der Fahrt). Hier ist kein Grundrechtseingriff seitens der Polizei möglich. Mit der nunmehr eingeführten „drohenden Gefahr“ soll somit die Eingriffsmöglichkeit der Polizei bereits bei Verdachtsmomenten erhöht werden.  

Aufgeführt wird der neue Begriff der „drohenden Gefahr“ in einem Absatz, welcher der bestehenden polizeilichen Generalklausel angefügt wird (Art. 11 Abs. 3 BayPAG): 

„Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auch treffen, wenn im Einzelfall 

1. das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, oder 

2. Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen den Schluss auf ein seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, 

dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entsteht (drohende Gefahr), (…).“ 

Der Polizei sollen mit dem verschärften Polizeiaufgabengesetz beispielsweise zusätzliche folgende Befugnisse zustehen: 

  • Die Polizei darf Personen in eine präventive „Unendlichkeitshaft“ nehmen, die Präventivhaft von bisher 14 Tagen kann auf unbefristete Zeit erhöht werden. Dabei geht es um Personen, die keine Straftat begangen haben, aber im Verdacht stehen, dies zu tun. Alle drei Monate muss die Haft von zuständigen Richterinnen und Richtern überprüft werden. Es ist somit durchaus möglich, dass Betroffene über sehr lange Zeiträume inhaftiert werden, ohne dass ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.  
  • automatisierte Videoüberwachung, etwa mit intelligenter Mustererkennung 
  • Online-Durchsuchung mit einem direkten Zugriff der Polizei auf private Computer 

Die Erweiterung des Polizeiaufgabengesetzes wird innerhalb aller Gesellschaftsschichten kritisch betrachtet, Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht wurde erhoben. Einen wesentlichen Kritikpunkt stellt hierbei die Präventivhaft dar. Während selbige bisher nur bei einer konkreten Gefahr angeordnet werden konnte, reicht nun schon der nicht ausreichend definierte Verdacht der „drohenden Gefahr“ aus, um Menschen für einen längeren Zeitraum zu inhaftieren.  

Durch die Einführung des Begriffes der „drohenden Gefahr“ wurden die Befugnisse der Polizei zum Eingriff in die grundgesetzlich normierten Freiheitsrechte erheblich erweitert. 

Weitere Informationen und eine Übersicht aller Kritikpunkte findet Ihr beim Bündnis #noPAG und bei Amnesty International

 

Bedeutung für fliegendes Personal / ZUP  

Wie oben dargestellt, ist die Hürde für polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen und Sanktionen erheblich abgesenkt worden. Dies führt möglicherweise zu Konsequenzen bei der ZUP-Erteilung (Zuverlässigkeitsüberprüfung). Zweifel an der Zuverlässigkeit gemäß §7 LuftSIG bestehen bereits bei laufenden und eingestellten Ermittlungs- oder Strafverfahren. Aus unserer Sicht besteht somit die Möglichkeit erhöhter ZUP-Ablehnungen aufgrund der geänderten polizeilichen Befugnisse und daraus resultierenden Ermittlungsverfahren allein bei Verdachtsfällen. Hieraus entsteht für uns die Notwendigkeit, die UFO-Mitgliedschaft über die möglicherweise daraus resultierenden Probleme zu informieren. 

 

Blaupause für andere Bundesländer 

Kritikerinnen und Kritiker des neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetzes befürchten nun, dass das strengste Polizeigesetz Deutschlands seit Bestehen der Bundesrepublik auch auf andere Bundesländer angewandt werden könnte. Beispiele hierfür wären Nordrhein-Westfalen, wo bereits ebenfalls der Begriff der „drohenden Gefahr“ in den Gesetzesentwurf Einzug fand. Somit wäre das bayerische PAG eine Blaupause für die ebenfalls (teilweise) geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze in anderen Bundesländern (bisher: Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt) und betrifft somit den Großteil unserer Mitgliedschaft. 

 

PsychKHG und psychische Gesundheit 

Gleichzeitig mit dem Polizeiaufgabengesetz wurde in Bayern das Psychisch-Kranken-Hilfegesetz verabschiedet. Auch bei diesem Gesetzesentwurf regte sich heftige Kritik aus Kreisen von Expertinnen und Experten. Das Gesetz beinhalte insgesamt nur 4 Regelungen zur tatsächlichen Hilfe für Betroffene aber ganze 35 Paragrafen zur Gefahrenabwehr und Unterbringung. Die hauptsächliche Kritik betrifft hier den Datenschutz: Die geplante Speicherung von Krankendaten bei Menschen mit psychischen Leiden über eine Zeitraum von 5 Jahren bei Polizei und Behörden sowie die dortige Meldung nach Zwangseinweisung führe zu einer weiteren Stigmatisierung der Betroffenen und könne sich negativ auf die Arbeitsplatzsuche auswirken. 

 

Stigmatisierung wohin man blickt 

Nach massiver öffentlicher Kritik wurde dieses Gesetz mittlerweile entschärft – die Einführung der Speicherung von Krankendaten, die die psychische Gesundheit betreffen, bei Polizei und Behörden, wurde entfernt.  

Unabhängig von dem Gesetz gab es eine Zeit lang sogar Überlegungen, beim sogenannten „random testing“ auch auf Inhaltsstoffe von Antidepressiva zu testen, diese werden mittlerweile von europäischen Flugbetrieben nicht mehr verfolgt – in den Emiraten sind diese Tests traurigerweise Standard. 

 

Ein fahler Beigeschmack bleibt 

Jede(r) dritte Deutsche leidet mindestens einmal im Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Es steht zu befürchten, dass insbesondere im Flugbetrieb – nach den Erfahrungen im Hinblick auf den Germanwings Unfall – bei den Kolleginnen und Kollegen Bedenken herrschen, bei Vorliegen oder dem Verdacht einer solchen Erkrankung, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Erkrankungen sind im Rahmen einer Therapie jedoch gut behandelbar und heilbar. Eine Nichtbehandlung und Verschleppung aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes kann erhebliche Probleme nach sich ziehen.  

 

Infoveranstaltung zum Thema „mentale Gesundheit“ am 24. Oktober 

An dieser Stelle möchten wir noch einmal auf unsere Infoveranstaltung zum Thema „mentale Gesundheit“ hinweisen. Diese findet am 24. Oktober ab 14 Uhr in der UFO-Geschäftsstelle (Farmstraße 118, 64546 Mörfelden-Walldorf) statt. Infos gibt es hierbei zu folgenden Themen: Wie erkenne ich an mir selbst oder Menschen in meiner Umgebung Warnzeichen, die auf seelisches Leid hinweisen? Wen kann ich kontaktieren und welche Hilfen gibt es in meinem Umfeld? Was kann ich präventiv tun, um Burn-Out und Depression vorzubeugen?  

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist für UFO-Mitglieder kostenfrei. Bitte meldet Euch formlos per Mail (info@ufo-online.aero) an. 

 

Hilfe! Nur wo?  

Wenn Ihr Euch auf der Suche nach Anlaufstellen befindet, empfehlen wir Euch folgenden Kontaktmöglichkeiten:  

www.deutsche-depressionshilfe.de
(Hier finden sich Links zu sämtlichen Kliniken und Anlaufstellen in Deiner Region) 

Info-Telefon Depression  Tel.: 0800 / 33 44 533 

Solltet Ihr Euch in einer akuten Krisensituation befinden und möglicherweise sogar Suizidgedanken haben, bitten wir Euch darum, direkt den Notruf 112 zu wählen oder Euch mit der nächsten psychiatrischen Klinik in Verbindung zu setzen. Eine Übersicht von vielen Klinikadressen findet Ihr HIER.   

Healthy landings 

Eure AG Gesundheit 

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