Klare Tarif-Regelungen können uns schützen –
vor Altersarmut, gegen Kündigungen, gegen konzerninterne Konkurrenz
Klare Tarif-Regelungen können uns schützen –
vor Altersarmut, gegen Kündigungen, gegen konzerninterne Konkurrenz
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Eurowings,
in den letzten Monaten sind einige der Themen, die uns alle betreffen, in den Diskussionen in verschiedenen Austauschgruppen, aber auch „auf der Crewbank“ sehr vermischt worden. Dadurch ist die Verunsicherung bei vielen Kollegen und Kolleginnen eher größer geworden. Wir versuchen, einige dieser Themen und unsere einzelnen Ziele dazu einmal kurz zu erklären.
Altersversorgung, Fluguntauglichkeit, Altersarmut
UFO hatte jahrelang mit Euch zusammen für eine betriebliche Altersversorgung (bAV) gekämpft. 2017 wurde endlich die Grundlage dafür geschaffen. Mit 4 % zusätzlich zum Gehalt ist ein Schritt gegen die Altersarmut getan. Denn durch den hohen steuerfreien Anteil (Zulagen für Nachtarbeit und Feiertage) unseres Gehalts wird die gesetzliche Rente geringer ausfallen als in anderen Berufen.
Was aber fehlt, ist eine Fluguntauglichkeitsversicherung. Und zwar eine an die bAV gekoppelte Fluguntauglichkeitsversicherung. Wie schnell kann es passieren, dass ein betroffenes Crewmitglied wegen gesundheitlicher Probleme auf der Straße steht - ohne jeden Schutz. Das darf nicht sein. Also müssen wir als Gewerkschaft dafür sorgen, dass bei der bereits bestehenden bAV eine arbeitgeberfinanzierte oder zumindest mitfinanzierte Versicherung gegen Fluguntauglichkeit hinzukommt.
Altersteilzeit
Das Renteneintrittsalter ist bereits jetzt sehr hoch für Flieger. Nach einer nächsten Rentenreform wird dieses vielleicht noch einmal hochgesetzt.
Eine sogenannte Altersteilzeit gibt es bereits in vielen Teilen des LH-Konzerns. Es gibt verschiedene Modelle – je nach Betrieb und Art der Arbeit – dies zu gestalten. Auch Eurowings ist in der Lage, so etwas durchzuführen – hier muss der politische und gewerkschaftliche Druck erhöht werden, damit auch ältere, aber noch nicht rentennahe Eurowings-Flieger:innen im Alter „etwas“ weniger arbeiten, dadurch aber nicht völlig in wirtschaftliche Not geraten. Es gibt in anderen Betrieben die Möglichkeit, in Jahren des 100%-Fliegens etwas „einzuzahlen“, wovon man später, im höheren Alter, eine Reduzierung der Arbeit finanzieren kann.
Es ist Aufgabe der Gewerkschaften, hier etwas zu verhandeln. Wir können festhalten, dass UFO bereits sehr viel Erfahrung bei der erfolgreichen Gestaltung von Altersteilzeiten in anderen Betrieben vorzuweisen hat.
Anrechnung von Betriebszugehörigkeit: Nachteil für Bestandsmitarbeiter?
Viel wurde über dieses Thema diskutiert. Dabei wurde Betriebszugehörigkeit oft mit Seniorität vermischt.
Seniorität ist in den Flugbetrieben zum Begriff für die Vergabereihenfolge, z. B. von Requests (Urlaub, Teilzeit, OFF, Förderung zum Purser, bei LH auch von Flugrequests) geworden. Es ist ein betrieblicher Begriff und wird daher von der Personalvertretung (PV)/dem Betriebsrat zusammen mit der Geschäftsleitung in vielen unterschiedlichen Regelungen mit Leben gefüllt.
Arbeitsrechtlich gibt es darüber hinaus den Begriff Seniorität nicht.
Arbeitsrechtlich gibt es nur die Betriebszugehörigkeit. Also die Zugehörigkeit zu einem Unternehmen oder Unternehmensteil. In der LH-Gruppe gibt es viele Unternehmensteile, wo eine Betriebszugehörigkeit auch bei einem Wechsel von „A“ nach „B“ seit dem Eintritt in das erste Unternehmen der LH weiterhin errechnet wird. Allerdings erhält man dann bei „B“ aber logischerweise eine neue „fliegerische Seniorität“. Man kann also keine „Seniorität mitnehmen“, sondern lediglich die Anrechnung der Betriebszugehörigkeit. Durch diese Mitnahme der Betriebszugehörigkeit von A nach B nach C (usw.) kann – arbeitsrechtlich! – keinem Mitarbeiter von B oder C etwas weggenommen werden.
Eine saubere Anrechnung der Betriebszugehörigkeit bringt nur Vorteile für alle Beschäftigten von A, B, C, D eines Großunternehmens mit sich – da sie arbeitsrechtlich relevant wird bei Kündigungsfristen (wie viele Monate nach Kündigung wird weiter Gehalt gezahlt) und als Berechnungsgrundlage von Abfindungen (§1a KSchG).
Beispiel: Dem Mitarbeiter Mustermann 1, der im Teil B seit beispielsweise 2010 arbeitet wird also nichts weggenommen an „Seniorität“ in B, wenn einer anderen Mitarbeiterin in B, Musterfrau 2, die vorher (bspw. 2008) schon in A gearbeitet hat, Betriebszugehörigkeit seit 2008 berechnet wird. Der Mitarbeiter Mustermann gewinnt auch nichts, wenn Musterfrau nicht die Betriebszugehörigkeit seit 2008 angerechnet wird.
Im Falle von betriebsbedingten Kündigungen wird ein Sozialplan erstellt, der – neben vielen anderen sozialen Punkten – genau die Unterscheidung regeln kann. Also lasst Euch hier bitte nicht verunsichern!
UFO ist schon seit Jahren der Ansicht, dass eine saubere Anrechnung der Betriebszugehörigkeit nur Vorteile mit sich bringt. Wer sich als Gewerkschaft mit einer unsauberen Vermischung mit dem Begriff Seniorität dagegenstemmt, der spielt nur den Arbeitgeber:innen in die Hände, die ihrerseits gerne alle Teile – A, B, C, D… – gegeneinander ausspielen.
Warum wurde der Manteltarifvertrag (MTV) gekündigt? Was bedeutet das für mich?
Einen MTV, der die Arbeitsbedingungen regelt, zu kündigen ist immer dann sinnvoll, wenn Einzelpunkte dringend erneuert oder angepasst werden müssen, da der alte Tarifvertrag sonst so weitergilt. Ein Grund, warum wir als UFO dringenden Handlungsbedarf beim MTV sehen, ist die nicht mehr zeitgemäße Aktivierungszeit für den Standby. Oftmals ist das innerhalb von 60 Minuten gar nicht darstellbar, so dass der Arbeitgeber diese an einzelnen Stationen bereits von sich aus angepasst hat. Unserer Ansicht nach, geht das nicht weit genug. Auch die Problematik, dass sich der Weg vom Parkplatz zu den Briefingräumen jederzeit ändern kann und sich damit die Anreise verlängert, macht es für uns dringend erforderlich, die bisherige Regelung anzupassen.
Befristungen
Abschließend möchten wir noch ein wichtiges Thema adressieren, nämlich unseren Kampf im MTV gegen die sachgrundlose Befristung. Durch unser Eckpunktepapier aus der Wowereit Schlichtung 2017 hatten wir Befristungen für alle Kolleginnen und Kollegen (auch für konzernexterne Neueinstellungen) auf 6 Monate reduziert, inklusive einer sich anschließenden Entfristung.
Durch das Spiel des Managements, Gewerkschaften gegeneinander konkurrieren zu lassen, war diese Regelung zusammen mit anderen Teilen aus dem ursprünglichen MTV leider wieder herausgefallen. Allein dieses Beispiel beweist, dass ein Miteinander stärker als ein Gegeneinander ist. Die nun unserer Ansicht nach ohnehin ausreichend qualifizierten Neueinstellungen, sollten unabhängig von Gewerkschaften die Entfristung erhalten. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit und kann von uns im MTV geregelt werden. Auch hier entsteht für alle Bestandsmitarbeiter kein Nachteil, wenn Neueingestellte entfristet werden.
Für heute viele Grüße
Eure UFO
Die EW-Tarifkommission besteht aus den EW-Kolleginnen Simone Bartels, Nicole Hufnagel, Katrin Schnepper sowie dem EW-Kollegen Stefan Reschke. Seit 28.04. hat UFO zudem einen neuen Vorstand. Der neue UFO-Tarifvorstand ist Stefan Schwerthelm, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende ist Anja Bronstert, die seit Juni 2021 auch Eure EW-Kollegin ist.