Lufthansa und Aviation Power
Allgemeine Lage
Soli und JAZ ?!
Vor wenigen Tagen hat die Lufthansa veröffentlicht, dass es ab dem Sommerflugplan 2014 wieder Personalbedarf gibt. Eigentlich gilt jedoch für das komplette Jahr 2014 noch der Solidaritätsbeitrag aus der Schlichtung unter Professor Rürup.
Wie passt das zusammen?
Natürlich überhaupt nicht - deswegen haben wir in der letzten Woche mit der Lufthansa zusammen gesessen und darüber gesprochen, wie eine Lösung hierzu aussehen kann.
Lufthansa hat das Ergebnis bereits im CRA/FBT angekündigt.
- werden erst alle Kollegen gefragt, ob sie ihre Teilzeit ab 2014 aufstocken wollen (bei M-Modellen geht dies ab dem 01.04.2014 und bei Blockteilzeitmodellen ab Jahresbeginn, da diese Modelle nur für ein komplettes Kalenderjahr vergeben werden können).
- werden Bodenkollegen, die von den Stationsschließungen und sonstigem Personalabbau betroffen sind, gefragt ob sie sich für eine Stelle an Bord bewerben möchten.
- Wenn dann noch Bedarf ist, werden neue Kollegen (JAZ) eingestellt.
All dies kann natürlich nur richtig sein, wenn spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem aufgestockt wird und sogar neue Kollegen eingestellt werden, der Rest des Personalkörpers den Soli nicht mehr zu spüren bekommt.
Dies wird auch so sein ! - Es wird kein Soli mehr abgezogen werden
Wenn alles so eintritt wie derzeit geplant und hier unter 1. bis 3. beschrieben ist, dann wird 2014 kein Soli mehr abgezogen.
Zum nächsten Messpunkt (vereinbarter Zeitpunkt, zu dem der Soli neu berechnet wird) am 30.11. wird “doppelt” vom “Überhang” abgezogen: Es werden sowohl unbezahlter Urlaub, Sonderteilzeit und Abfindungen BIS zum Ende des Winterflugplans, der Ende März 2014 endet, als auch Arbeitszeitaufstockungen und Neuzugänge vom rechnerischen Überhang abgezogen werden. Das Prinzip wird sozusagen ab dem Punkt, an dem Personalbedarf besteht, umgekehrt. Das ist seltsam - da es aber nur zugunsten des Personals wirken kann, haben wir nicht versucht LH an dieser Vorgehensweise zu hindern.
Die Lufthansa wollte hierdurch sicherstellen, dass der Soli formal nicht abgeschafft wird. Er wird aber nur dann angewandt, wenn die aktuelle Planung wider Erwarten doch noch eingestampft wird, weil es den nächsten Golf-Krieg, Vulkanausbruch o.ä. gibt.
Wir sind der Meinung, dass dies eine recht “unmutige” und auch nicht sehr logische Entscheidung ist. Da diese eigentümliche Rechenweise der LH aber dazu führt, dass der Soli damit faktisch überhaupt nur im 1. Halbjahr 2013, statt wie vereinbar zwei Jahre lang angewendet wurde und ihr aller Voraussicht nach vom 30.06.2013 - 31.12.2014 keinerlei Abzüge mehr hattet bzw. haben werdet, soll uns diese “formale” Vorsichtsmaßnahme recht sein - man kann sie der LH ohnehin nicht verbieten.
Zum 31.12.2014 läuft der Soli übrigens automatisch aus - es wurde KEINE Nachwirkung vereinbart!
Warum ging das alles so schnell, hatten wir dann überhaupt wirklich einen Personalüberhang?
Diese oder ähnliche Fragen hört man in den sozialen Netzen in den letzten Wochen immer wieder.
Auch wenn man gerne der Versuchung erliegen möchte zu glauben, dass alles gar nicht so schlimm war, so hilft ein kurzer Blick in die Zahlen um zu sehen, dass das Problem sehr real und auch recht groß war, dass aber die Kabine einfach hervorragend reagiert hat.
Wenn im April 2014 wieder aufgestockt werden kann, dann haben wir über zwei Jahre Einstellungsstopp und Personallabbau hinter uns. Trotzdem gab es bei uns, im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen keine Kahlschläge in Form von Kündigungen o.ä. Nur über die Aufstockung von Teilzeit, freiwillige Abfindungen und unbezahlten Sonderurlaub sind insgesamt mehr als 1000 sogenannte Beschäftigungsjahre (1 Beschäftigungsjahr entspricht einem Vollzeitler ein Jahr lang) vorübergehend aus dem System genommen worden und haben diese schnelle Beendigung des Gehaltsabzugs ermöglicht.
Dafür kann man der Kabine als Kollektiv nur herzlich danken und gratulieren. Die natürliche Fluktuation mit eingerechnet wurde somit temporär ein Überhang von ca. 1300 Vollzeitstellen abgebaut.
Gott sei Dank hat der Vorstand nun beschlossen, dass ab nächstem Jahr in Teilen sogar wieder Flugprogramm aufgestockt wird, bzw. größeres Fluggerät als Ersatz für kleinere Maschinen eingesetzt wird - es kommen mehr B747-8 für herausgenommene A340 mit einem dementsprechend größeren Crewcomplement.
Der Personalbedarf im Jahr 2014 besteht allerdings eigentlich nur im Sommer. Aus diesem Grund setzt die LH nun das Model der JAZ ein, um diesen saisonalen Bedarf abzudecken.
Erstmalig 2012 wurde im Winterflugplan konsequent Flugprogramm gestrichen. Dies hat sich offensichtlich wirtschaftlich bewährt und wird in den kommenden Jahren wieder ähnlich erfolgen.
Was sind die JAZ eigentlich?
Die Idee von Saisonkräften ist nicht neu. In guten Jahren flogen bei LH schon immer im Sommer bis zu 700 Flugbegleiter auf Zeit. Dies waren zu großen Teilen Kollegen, die über 40 Jahre alt waren und deshalb keine Festanstellung bekommen haben sowie Studenten, die es sich während des Studiums leisten konnten, für mehrere Monate bei uns zu fliegen.
Die UFO hat jedoch vor einigen Jahren durchgesetzt, dass auch über 40-jährige Kabinenmitarbeiter fest eingestellt werden müssen. Gleichzeitig gab es mit den neuen Studienordnungen zu den Bachelor- und Masterstudiengängen immer weniger Studenten, die sich als FAZ beworben haben.
Wir haben deshalb in der letzten Schlichtung das Nachfolgemodell der JAZ eingeführt. Dies ist im Großen und Ganzen das gleiche System wie bei den FAZ, nur mit einer ganzährigen Anstellung auf 50% Basis, erhöhtem Grundgehalt (auf eine Vollzeitstelle gerechnet ca. Gehaltsstufe 4) geregeltem Urlaub und einer Mindestbeschäftigungsdauer von 2 Jahren. Dadurch hofft die Lufthansa, dass es mehr Bewerber für die JAZ-Stellen gibt, als es am Ende für die FAZ-Stellen der Fall war. Das wird sich jedoch noch herausstellen müssen. Wenn der Bedarf mit JAZ nicht gedeckt werden kann, dann werden ab dem Sommerflugplan Vollzeitmitarbeiter “normal” eingestellt.
Der UFO war wichtig, dass bei allem Verständnis für die Saisonalität, die Tarifbedingungen der festangestellten Kolleginnen und Kollegen nicht unter Druck geraten. Deswegen darf, genau wie bisher bei den FAZ, nur ein kleines Kontingent von Mitarbeitern als JAZ angestellt werden - FAZ, JAZ und Regionale dürfen insgesamt nicht mehr als 15% des Kabinenpersonals ausmachen.
Wir wollen hier keinen falschen Eindruck erwecken - wir freuen uns darauf, dass wir wieder Bedarf haben und freuen uns auch auf die JAZ-Kollegen. Eine völlige Überlastung, wie es sie früher in so manchem Sommer wiederholt gegeben hat, wird damit hoffentlich vermeidbar.
Gut ist auch, dass wir erreicht haben, dass im TV JAZ explizit vereinbart wurde, dass diese nur für den sommerlichen Bedarf eingestellt werden können und somit auch unterhalb der 15%-Quote nicht anstelle von festangestellten Mitarbeitern eingestellt werden können.
Eine zu hohe Quote bzw. sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnissen sind tarifpolitisch falsch - deswegen sind wir froh, dass wir die Regelung so restriktiv etablieren konnten.
Aviation Power-Kollegen
Fast zeitgleich wurde den Kollegen von Aviation-Power, die durch die Schlichtung einen festen Arbeitsvertrag bekommen haben, mitgeteilt, dass sie nun schon früher, nämlich im November 2013 bei GWI anfangen werden.
Einige von Ihnen haben sich daraufhin an uns gewandt und gefragt, ob es denn keine Alternative wäre, als JAZ bei LH anfangen zu können.
Wir haben diese Möglichkeit selbstverständlich auch mit Lufthansa erörtert. Lufthansa hätte damit gar kein Problem, ganz im Gegenteil, weiß sie doch, dass die AP-Kollegen einen guten Job gemacht haben. Wir raten jedoch jedem Kollegen, der dies in Betracht zieht, zu überlegen, ob dies der richtige Weg für ihn ist. Der JAZ-Vertrag ist befristet, es ist eine 50% Stelle und eine Übernahme zur LH-Classic nach dem JAZ-Vertrag ist nicht garantiert.
Wir haben bei Germanwings mit dem neuen Tarifabschluss auch deutlich verbesserte Arbeits- und Vergütungsbedingungen ausgehandelt. Außerdem besteht bei GWI ein enormer Bedarf an Pursern, der sicher auch durch viele Ex-APler gedeckt werden wird. Last but not least wird auf betrieblicher Ebene gerade ein Wechsel von GWI zu LH verhandelt, so dass es langfristige Perspektiven geben wird, zur LH wechseln zu können.
Auch wenn dies wieder einmal ein Umweg ist - das Angebot auf einen unbefristeten Vertrag bei Germanwings ist wahrscheinlich für die meisten von Euch das attraktivere Angebot.
Durch den frühzeitigen Einstieg zum November 2013 haben wir zudem die Hoffnung, dass ein großer Teil von Euch auch eine Chance auf seinen jeweils gewünschten Stationierungsort erhalten wird. Gerade in Berlin wird mit den Maschinen, die ihr bisher für LH geflogen seid, zusätzlicher Personalbedarf entstehen.
Redaktion MTV / VTV
Fast ein Jahr lang hat die Tarifkommission und der Vorstand der UFO an der redaktionellen Fertigstellung des MTV und des VTV gearbeitet. Es gab noch viele Zwischenhürden zu meistern. Von der falschen Eingruppierung der Stufe-2-Kollegen bis zu den Streitereien über die Arbeitnehmerüberlassung und den dazugehörigen Sozialplan, den die PV verhandelt hat, u.v.m.
Bis zum Schluss gab es kleinere und größere strittige Punkte. Konstruktivität und Hartnäckigkeit hat sich hier jedoch bezahlt gemacht: In der vergangenen Woche wurden vom UFO-Vorstand endgültig die fertigen Tarifverträge unterschrieben und können in den nächsten Tagen im CRA eingesehen werden.
Ein allerletzter Punkt, auf den wir uns nicht einigen konnten, betrifft nur die Purserwerdung von zukünftig einzustellenden FBs, also für FB-Einstellungen NACH dem 01.01.2014. Aus dem Grund, dass dies bis zum Auslaufen der Tarifverträge noch niemanden betreffen kann, konnten wir diesen Punkt “strittig” lassen und werden diesen zur nächsten Tarifrunde lösen.
Kündigung der Tarifverträge AV/ÜV
Die Tarifverträge zur Alters- und Übergangsversorgung sind seit dem vergangen Jahr kündbar. Bisher ist von keiner Seite eine Kündigung erfolgt. Wir müssen aber davon ausgehen, dass die Lufthansa diese Verträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen wird.
Direkte Folgen
Wie immer wenn Tarifverträge gekündigt werden, so gehen diese zunächst in die sogenannte Nachwirkung. Es hat also KEINE akuten Auswirkungen auf das Bestandspersonal. Allerdings haben auch wir als UFO beim Thema Versorgung Verhandlungsbedarf. Die Rentengrenze wurde heraufgesetzt, was bei jüngeren Kollegen zu zusätzlichen Versorgungslücken führt. Außerdem haben Kollegen “erfolgreich” gegen die Altersgrenze geklagt, was ggf. auch zu Veränderungsbedarf führen könnte.
Es ist allerdings unser erklärtes Ziel, für jetzige und künftige Generationen vernünftige Regelungen zur Alters- und Übergangsversorgung zu erhalten. Das Thema Versorgung beschäftigt vor allem Kollegen, die nur noch wenige aktive Fliegerjahre vor sich haben, enorm. Aber auch Kollegen, die noch dienstjünger sind müssen wissen, dass es eine Absicherung für die Zeit vor der gesetzlichen Rente, Fluguntauglichkeit und eine betriebliche Aufstockung der immer geringer werdenden Altersrente geben wird.
Wir nehmen das Thema Versorgung äußerst ernst und werden uns UFO-intern sehr intensiv auf die anstehende Neuverhandlung vorbereiten. Die Tarifkommission geht extra zu diesem Thema einige Tage auf Klausur, wir werden externe Institute beauftragen, um uns zu bestmöglichen, spezifischen Lösungen versicherungsmathematisch beraten zu lassen. Wir werden auch bzgl. der Verhandlungen an sich mit zusätzlichem Personal arbeiten und dazu neue Mitarbeiter einstellen und mit erfahrenen externen Tarifexperten arbeiten.
Perspektive
Es gibt noch keinerlei konkrete Szenarien. Die LH hat auch noch überhaupt keine Forderungen gestellt, was sie an der Versorgung verändert haben möchte. Wir werden auch noch einige Zeit benötigen, um uns mit den verschiedenen Szenarien, Gesetzesvorgaben und vor allem deren Änderungen in den letzten Jahren intensiv auseinandersetzen. Wir werden keinerlei Zeitdruck aufbauen lassen - die Versorgung ist nichts, was man hopplahopp erledigen kann. Wir werden uns auch professionell mit dem Arbeitgeber auseinandersetzen, wenn die Verträge gekündigt werden. Wir werden aber auch, ggf. mit allen Mitteln die eine Gewerkschaft hat, zur Wehr setzen, wenn der Arbeitgeber auch nur im Ansatz einen Raubbau an der Versorgung der Kabine versuchen möchte.
Wir halten Euch auf dem Laufenden.
Viele Grüße,
Eure UFO